Dienstag 17.10.17
ein tag in famagusta. ich bin irgendwie dermaßen voll mit eindrücken und erlebnissen aus den letzten tagen, daß mir nur stichpunkte im gedächtnis geblieben sind.
ich erinnere mich an eine kathedralenruine neben der nächsten. zypern war, nachdem die kreuzfahrer aus dem heiligen land rausgeflogen waren, deren letzte bastion und da haben sie natürlich noch einmal richtig zeichen setzen müssen. als ob es kein morgen gäbe. auch hier wurde eine kathedrale in eine moschee umgewandelt. mittlerweile kommen so viele touristen, daß die moschee innen mit absperrband gesichert ist.
und von den grabplatten der luisignans, die michelvor 12 jahren noch vom hausmeister gezeigt bekommen hat, weiß der mensch, der am eingang sitzt, nichts. er achtet auch nicht auf angemessene kleidung der frauen, obwohl ich glaube, das dies sein job ist. dann eben nicht.
wieder sind es nur einige wenige straßen in der altstadt, in denen die touristen herumlaufen. schon am othello-turm an der stadtmauer ist es stiller und wir genießen die ausblicke über die stadt.
Die Luisignans haben sich in Famagusta noch zu Königen von Jerusalem krönen lassen, als in Jerusalem selbst schon lange wieder die Muslime regierten. Und so viele Kirchen und Kirchenruinen wie hier gibt auf einem Quadratkilometer sonst vermutlich nirgends. Alleine drei ordentliche gothische Kathedralen keine 200m auseinander. Dazu Extrakirchen für die Tempelritter, die Hospitaliter und was weiß ich wen noch.





am rand irgendwo sind auch unterirdische kirchen. mit dem stadtplan ist das suchen ein bischen wie eine schnitzeljagd und wo die eine kirche eingezeichnet ist, finden wir einen kleinen laden. der besitzer erlebt es wohl öfter, das leute kommen und sich wundern und er zeigt uns voller freundlichkeit die richtige straßenecke. nach der besichtigung kaufen wir bei ihm ein.


und dann treffen wir zufällig serkan aus istanbul, seinen bruder und seine mutter wieder, mit denen wir schon in girne zusammen mit den beiden irischen pärchen im pub zusammengesessen hatten.
bei einem kaffee haben wir nun ein sehr interessantes und anstrengendes gespräch, denn serkan sagt uns, wie toll er adolf hitler findet. die stärke, die dieser mann vermittelt hat, beeindruckt ihn über alle maßen.

Solche Hitlerfans haben wir in der Türkei schon ein paar getroffen, und natürlich sofort gegengehalten. Aber da die Betreffenden bisher immer kein oder kaum Englisch konnten, war es uns kaum möglich, auch nur zu versuchen, ihnen klar zu machen, dass Hitler ein Verbrecher und Massenmörder war, und wir Deutschen wirklich nicht stolz auf ihn sind. Oder dass, wenn Hitler heute in Deutschland an die Macht käme, sein erstes Ziel vermutlich wäre das Land „türkenrein“ zu machen.
Michel und ich versuchen ihm klar zu machen, daß wir in keiner weise stolz auf hitler sind. sondern dass wir uns schämen, das der holocaust geschehen konnte, daß wir auf die zeit des 3. reiches als deutsche eine komplett andere sichtweise haben. er jedoch erwidert, die schaffung eines großdeutschen reiches sei doch eine gute absicht. michel versucht es mehrfach. aber für serkan sind die 8 millionen ermordeten nur eine fußnote, für ihn zählt vor allem, dass hitler deutschland stark gemacht hat, dass alle welt ihn respektiert hat. wir dringen gar nicht zu ihm durch. er kann oder will uns nicht verstehen, und fragt mehrfach, welches hitlers fehler war, mit dem er den eigentlich guten nationalsozialismus verdorben hat.
irgendwann geben wir auf. dennoch bin ich ein bischen zufrieden. wir haben unsere meinung gesagt und wir verabschieden uns trotz allem freundlich voneinander.
Und der Mann ist Anwalt und lebt in Istanbul. Sollte also zur aufgeklärten Elite des Landes gehören…
hinter famagusta fängt gleich wieder die grenze an. das müssen wir uns noch anschauen.

hier in varosha entstand in den 70ern der ballermann von zypern. ein hochhaushotel neben dem anderen, bars, geschäfte. dann kamen das türkische militär, das gebiet wurde zur miltärzone und verfällt. gespenstisch ist das einzige wort, was mir dazu einfällt. vor allem, weil direkt am strand der zaun anfängt, der immer noch wie ein provisorium aussieht. davor badende menschen, dahinter ruinen. serkan und familie treffen wir dort wieder, sie stört das überhaupt nicht, nehmen es zur kenntnis und schwärmen von dem tollen strand.
eine weitere nacht schlafen wir bei salamis. dahin ist es ja nur ein katzensprung.