Dänemark

zunächst rømø ein wunderbarer tag am strand mit der besonderheit, daß man direkt auf den strand fahren kann.
es ist windig bis stürmisch, aber bis auf einen kräftigen schauer bei unserer ausgiebigen strandwanderung sonnig.
leider reißts mir beim markise-einrollen die stangen aus den händen und irgendetwas bricht. michel muß sich das in den nächsten tagen anschauen, ob er das reparieren kann.

Kleiner Bulli in großer Landschaft.

Ja ich kann es reparieren! (Und fühle mich dabei wie MacGyver.)

Dann folgen zwei Wochen Urlaub auf dem Bauernhof mit Freunden. Wovon wir hier weder einen Bericht noch Bilder einstellen. – Jeder hat ein Recht auf Privatsphäre. Nur so viel: Es war umhauend!

 

 

Oldenburg – Bulli Kaputt

Wir haben ja von Anfang an fest damit gerechnet, dass Bulli uns auf unserer Fahrt kaputt gehen würde. In unserer Vorstellungen war es immer in exotischen arabischen Beduinendörfern.

Doch die Realität sieht anders aus: Oldenburg! (OK wir sind mit unserem Dänemarkabstecher schon über 1200 km gefahren… aber trotzdem…)

Immerhin sind wir auf der Hosüne (bei Huntlosen, bei Oldenburg) einem tollen Ökoprojekt mit gemeinschaftlichen Ansätzen. Es gibt deutlich schlechtere Orte zum Liegenbleiben. Der zum Projekt gehörende KFZ-Betrieb macht uns unseren „Gefährten“ jetzt soweit klar, dass wir zu unserer Stammwerkstatt nach Lemgo (wäre bei Bielefeld – wenn selbiges existieren würde) fahren können.

SUPER VIELEN DANK AN DEN SCHRAUBER UND DIE MENSCHEN AUF DER HOSÜNE! Für die unkomplizierte Hilfe in wirklich allen Dingen!

Wir gehen jetzt erst einmal in die Sauna und morgen auf das Platzfest der Wagenburg, die Michel vor 20 Jahren mal mit durchgesetzt hat. (Dabei hab ich einen persönlichen Rekord aufgestellt: 4 Festnahmen in 24 Stunden!)

Und sonst…

  • Wir haben Michels Eltern besucht. War schön und seltsam die Füße wieder unter ihren Tisch zu stellen. Im elterlichen Zuhause ist man sein Leben lang Kind.
    aber bina genießt es, nicht für die mahlzeiten hauptverantwortlich zu sein.
  • Wir fragen uns, ob unser Schleswig-Holstein noch alle beisammen hat. Der Wahlspruch „Der echte Norden“ wirkt nicht sehr überzeugend, wenn man aus Dänemark kommt und an der Grenze mit „Willkommen im echten Norden“ empfangen wird. – „Geographie 6! Setzen!“
  • Uns ist zum ersten Mal massiv aufgefallen, wie leer gefegt und naturbefreit Dänemark ist. Riesige Monokulturen. Kaum Wälder oder Blumen. Auch nicht in den Gärten der Häuser. Keine Schmetterlinge. Sonstige interessante Insekten weitgehend Fehlanzeige. Wenig Vögel und Vogelarten. – Da ist selbst Deutschland deutlich kleingliedriger, artenreicher und interessanter.

Fest Bauwagenplatz

wie lieb.
da wir von der hosüne nicht weg können, kommt die ehemalige arbeitskollegin von michel nebst gefährte samt eigentlich bei ihnen vorgesehenem essen eben zu uns.
was für ein schöner abend mit euch beiden!
weiterer mitnahmeeffekt: party auf dem bauwagenplatz in oldenburg, eine schöne veranstaltung.
ich darf mal wieder meinem hobby frönen: arbeit in einer küche unter schwierigen bedingungen.
eine volxküche braucht immer hilfe beim schnippeln.

Ich kenne kaum jemanden mehr auf dem Platzfest. Aber ich treffe F…, eine meiner liebsten Exfreundinnen, wieder, und wir Drei verbringen Nachmittag und Abend mit langen und guten Gesprächen.
Cool ist das Flexrennen. Verschiedene Teams treten mit selbstgebauten bemannten oder unbenannten Fahrzeugen auf einer Strecke von ca. 40 Metern gegeneinander an. Soweit halt ein langes Verlängerungskabel reicht. Es werden unter anderem Zeit, Kreativität und Bestechung der Jury bewertet. Das ganze ist wirklich unterhaltsam und nachahmenswert.

Lemgo – Bulli wird repariert

wir vertreiben uns die zeit (montag und dienstag) in lemgo.ein kleines, etwas verschlafenes, aber durchaus hübsches städtchen.

die große frage des tages: welche geschichte steckt hinter der gestohlen tonne, dem kanzlerstreit und dem zu diesem thema gestalteten brunnen am ende der fußgängerzone?

wir halten uns lesend im cafe auf, am nächsten tag in der bibliothek und haben eine gute zeit.

schlafen tun wir im bulli in der werkstatt. auch hier gibts ungemütlichere orte.

Bina kocht Abendessen im Bulli in der Werkstatt

Amsterdam

Mittwoch:

ich bin zum ersten mal im sommer in amsterdam. das rijksmuseum ist riesig, der audioführer sehr gut. spezielle touren zu bestimmten themen führen durchs ganze museum.

ich kann mich am milchmädchen und an der nachtwache nicht sattsehen. andere bilder sind genau so spannend, aber mal ehrlich: keiner malte perspektiven und licht so wie mein geliebter rembrandt.

die nachtwache wird, je öfter ich schaue, ein dramatischer 3-d-film.

leider reicht meine kraft tatsächlich nicht mehr für die anatomiebilder im rembrandt-museum, wie michel schon prophezeite.

er macht derweil eine audio-guide-runde durch die kolonialzeit und die nächste große frage entsteht:

so viele kulturen und völker wurden durch die kolonialmächte zerstört und vernichtet.

warum ist das in japan nicht geglückt, wo portugiesen und holländer gelandet sind. was haben die japaner anders gemacht, als die anderen?

Das Niederländische „Goldene Jahrhundert“, dem wir die schöne Amsterdamer Altstadt, sowie die Bilder von Rembrandt, Vermeer und Frans Hals verdanken, war vor allem ein Zeitalter des räuberischsten Kolonialismus und des komplett entfesselten Kapitalismus. Was sich übrigens mit Calvinistischer Frömmigkeit und Gottesfurcht bestens vertrug. Vor allem die Aktiengesellschaft VOC die „Vereinigte Ostindische Companie“ hatte sich von Indonesien bis Ceylon ein beachtliches privates Reich geschaffen, in dem sie barbarisch herrschte. Die Westindische Companie machte in Amerika das gleiche (von Neu Amsterdam – heute New York über die Karibik bis Brasilien).

Die Niederlande betrieben in ihrer Hochzeit die Hälfte des Internationalen Sklavenhandels. Und waren dank Indonesien (das 1949 nach einem blutigen Guerillakrieg die Unabhängigkeit erhielt) das größte muslimische Land der Welt. Kriege, Massaker und Grausamkeiten sind ohne Zahl. Zum Beispiel, wurde die Bevölkerung der Insel Banda Nera, 15.000 Menschen, größtenteils ausgerottet, und der Rest in die Sklaverei verkauft, weil sie nicht alle Muskatnüsse der Insel an die VOC verkauft hatten, sondern einen kleinen Teil an andere Kolonialisten. Auch war beispielsweise ein „Frachtverlust“ von 20% auf Sklavenschiffen von Afrika nach Amerika völlig normal und eingerechnet. Statt die Bedingungen auf den Schiffen zu verbessern, wurden einfach mehr Sklaven genommen, um den Schwund auszugleichen.

Bei alledem fühlten sich die Niederländischen „Kaufleute“ rechtschaffen und gottgefällig. Immerhin brachten sie den kolonisierten Völkern ja Christentum, Zivilisation und Technik.

Mir wird mal wieder klar, wie gefährlich kapitalistische Konzerne sind, wenn wenn es ihnen gelingt, sich staatlicher Kontrolle zu entziehen (oder den Staat zu kontrollieren), und sie es schaffen, sich eine Legende der Weltverbesserung zuzulegen. Kapital kennt keine Moral, nur Profit. Es einzuhegen muß Aufgabe von Staat und Zivilgesellschaft sein.

Ich muß an die „selbstlosen Weltverbesserer“ von Google, Facebook und Amazon bis zu Monsanto und diversen Stromkonzernen denken.

Rembrandt& Co sind ein Hochgenuß. Ein Brunnen im Sommer aber auch!

ich muß öfter nach amsterdam. stundenlang könnte ich durch die gassen laufen.

das guinness im molly malone ist gut. und der pub ein echter pub.

unser nächstes sabbathjahr wird unter dem motto laufen: ‚in 80 pubs um die welt‘

weiterfahrt nach den haag, wo wir michels bruder, seine gefährtin und ihr baby für einen abend besuchen.

vielen dank für den schönen abend bei euch. der christopherus von euch klebt an der mittelkonsole und paßt auf uns auf!

Ja, es war ein guter Abend mit einem guten Gespräch. Nur leider viel zu kurz, weil die beiden am nächsten Morgen früh raus und wieder arbeiten mussten.

Spaß mit Grenzen: Baarle Nassau / Hertog

Donnerstag:

das nächste schaf wird mit leichter hand mitgenommen:

wir kommen auf unserem weg zurück nach deutschland an baarle nassau/baarle hertog vorbei.

da MÜSSEN wir zwischenstation machen!

der ort auf der grenze von holland und belgien hat seit dem 12. jahrhundert 22 en- und exklaven bis in die 2. ordnung (also enklaven in enklaven). beim gang durch die stadt stolpert man alle naslang über die grenzen. in so manchem haus kocht man in belgien kaffee und geht in holland schlafen, weil das haus auf der grenze liegt.

Jeckyl und Hurz in einem der Häuser mit zwei Hausnummern, einer Niederländischen und einer Belgischen. Denn die Grenze geht genau durch die Eingangstür.

in belgien sind die tabakläden, wegen der günstigeren steuern, in holland offensichtlich die kneipen. wir klönen mit dem galeristen, dessen laden auf der grenze liegt und mit einer angestellten des belgischen gemeindehauses, durch dessen ratssaal auch die grenze geht.

einmal im monat finden dort ratsversammlungen statt mit mitgliedern aus beiden ländern.

und wenn abstimmungen sind, setzen sich die belgier nach belgien und die holländer auf die holländische seite, die grenze, als lichtschiene im boden dargestellt, wird beleuchtet und dann wird abgestimmt. wirklich wahr! die angestellte hats uns gezeigt, erzählt und demonstriert.

Jeckyl und Hurtz in dem Ratssaal, in dem sich die Vertreter beider Gemeinden einmal im Monat treffen. Schaf Jeckyl auf Niederländischem Grund und Wolf Hurtz auf Belgischem. Die Gemeindekarte vor sich.

das vor dem haus die belgische fahne auf holländischem gebiet weht, weil die grenze direkt über den vorplatz geht, hat sie noch gar nicht bemerkt. als wir es ihr zeigten, mußte sie selbst lachen.

Bina (auf Niederländischem Grund) beweist der Belgischen Gemeindemitarbeiterin (auf Belgischem Grund), dass die Belgische Fahne vorm Belgischem Gemeindehaus etwa 10 cm weit auf Niederländischem Grund steht.

nein, streitereien gibt es selten.

je nachdem, wo die steuern günstiger sind, werden gemeindeangelegenheiten wie wasserversorgung, müllabfuhr oder ähnliches von dem jeweiligen land übernommen.

nur die umgehungsstraße, die sinnvoll wäre, bereits geplant und von beiden ländern abgesegnet ist, wird von einem einzigen bewohner der stadt bockiert.

die angestellte zuckt mit den schultern: „Einen gibt’s immer!“

ansonsten prosperiert die stadt von ihrem enklavenpuzzle und alle sind entspannt. der cnn hat sich für eine reportage angekündigt, neulich seien palästienser dagewesen und hat sich angeschaut, wie das läuft und gesehen, das grenzwirrnisse keine probleme machen müssen, sondern das es auch anders geht.

Braunkohle Tagebau: Ende Gelände!

Donnerstag bis Sonntag:

mit dem schönen gefühl, in einem der seltsamsten orte der welt gewesen zu sein, den ich immer schon mal sehen wollte fahren wir nach erkelenz zum klimacamp von ‚ende gelände‘ gegen den braunkohleabbau.

bestreiten die mahnwache an der garzweiler grube für 40 std. als versammlungsleiter und mit verschiedensten aktivisten (nein, ich beteilige mich jetzt nicht an dem anstrengenden gendersprech mit sternchen oder großem binnen-i, damit sich keiner benachteiligt fühlt) aus dem camp. lernen viele leute kennen, treffen aktivistenbekannte aus dem wendland und haben eine gute zeit.

Auf der Mahnwache am Tagebau. (Von einem Polizisten photographiert!)

Ich fühle mich bei Ende Gelände sofort zu Hause. Nicht nur, weil ich einige alte Weggefährten aus der Anti-Atom-Bewegung wiedertreffe. Sondern auch, weil mir die Strukturen, Aktionskonzepte weitgehend aus den Castor-Blockaden bekannt sind. Es gibt einen klaren Aktionsrahmen, der Zivilen Ungehorsam ein- aber Sachbeschädigung und jeglichen Angriff auf Menschen ausschließt.

Auch die Diskussionen sind ähnlich. Die RWE-Mitarbeiter sehen vor allem ihren eigenen Arbeitsplatz. „Das bißchen CO2“ [Zitat!] sowie die sozialen und gesundheitlichen Folgen in der Region spielen sie herunter oder leugnen sie ganz. Dabei ist die Lage eigentlich ganz eindeutig:

– Strom Braunkohle erzeugt etwa 4 Mal so viel CO2 wie Strom aus Erdgas.

– Die Kohlestäube aus den riesigen offenen Gruben sind Ursache vieler Atemwegserkrankungen

– Die Umgesiedelten Menschen werden vielleicht Finanziell entschädigt. Ihre Heimat und ihre Wurzeln verlieren sie aber.

Die Polizei hat einen Aktivisten festgenommen. Er sitzt in Handschellen vor der Minna. Bina leistet Beistand.

immer wieder werden wir gefragt, ob das mit uns gut gehen wird in der enge des bullis über so lange zeit.

die frage ist interessant.

wir machen das ja nicht zum ersten mal. so oft sind wir mehrere wochen in irland oder auf korsika gewesen. daher haben wir erfahrung damit, wie wir auf engem raum umeinander herum kommen.

während einer im waschbecken steht und sich wäscht, muß der andere eben  draußen warten.

während michel akkordeon übt, liege ich hinter ihm auf dem bett und lese.

ich kümmere mich um den abwasch, derweil geht michel wasser nachladen.

im laufe der jahre haben viele gegenstände ihren festen platz bekommen. das waschzeug, klopapier, literatur, klamottenkisten haben immer ihren festen platz.

das erleichtert das räumen und die orientierung.

und wir machen natürlich auch sachen getrennt. im rijksmuseum hat der herr allein seine tour durch die kolonialzeit gemacht, während ich mich in der nachtwache verlor. hinterher haben wir uns wieder getroffen, miteinander darüber geredet und sind gemeinsam bierchen trinken gegangen.

ich stelle mir viel mehr die frage, wann wohl das erste mal kommt, an dem ich denke: ‚ich könnt jetzt auch wieder nach hause fahren‘ und wie ich dann wohl damit umgehe.

Und wann ich zum ersten mal nicht mehr irgendwie radebrechen möchte und die schnauze voll habe von meinem eigenen englisch und dessen grauenhafter grammatik.

Pilgern auf den Bogenberg (Niederbayern)

Dienstag 29. August

und dann gehts endlich nach einem zwischenstop auf einem campingplatz, denn wir müssen unbedingt mal mit viel wasser und seife duschen, nach bayern und dann weiter nach albanien.

Wir sind am Montag bis kurz vor Regensburg gekommen. Am Dienstag geht es nach Bogen. Dort trage ich, wie fast jedes Jahr, eine Kerze auf den Bogenberg. Stelle sie oben in der Kirche bei der Mariensatue ab. Halte im stillen Gebet Zwiesprache mit der Maria. Lege ihr Rechenschaft für mein Handeln im vergangenen Jahr und meine Pläne für das kommende Jahr ab. Und anschließend trinke ich unterhalb der Kirche im Biergarten ein Weißbier und genieße die Aussicht.

Der Physiker in mir findet das Quatsch. Der Katholik in mir nicht! Beide sind sich einig, dass ich selten so sehr mit mir und der Welt im reinen bin, wie wenn ich Maria Rechenschaft abgelegt habe und im Biergarten mein Hefiges und die Aussicht genieße.

Auch mir ist die maria wichtig. Allerdings sieht mein zwiegespräch mit ihr anders aus.

Ich kläre mit ihr aktuelle anliegen, hole mir rat, zuspruch und trost. Aber der befreiende blick vom biergarten runter auf die donau und in die landschaft ist genau so ein genuß, wie das bier dazu.

Anschließend fahren wir durch Österreich und Slowenien einfach durch um kurz hinter der Kroatischen Grenze zu schlafen.