Pilgern auf den Bogenberg (Niederbayern)

Dienstag 29. August

und dann gehts endlich nach einem zwischenstop auf einem campingplatz, denn wir müssen unbedingt mal mit viel wasser und seife duschen, nach bayern und dann weiter nach albanien.

Wir sind am Montag bis kurz vor Regensburg gekommen. Am Dienstag geht es nach Bogen. Dort trage ich, wie fast jedes Jahr, eine Kerze auf den Bogenberg. Stelle sie oben in der Kirche bei der Mariensatue ab. Halte im stillen Gebet Zwiesprache mit der Maria. Lege ihr Rechenschaft für mein Handeln im vergangenen Jahr und meine Pläne für das kommende Jahr ab. Und anschließend trinke ich unterhalb der Kirche im Biergarten ein Weißbier und genieße die Aussicht.

Der Physiker in mir findet das Quatsch. Der Katholik in mir nicht! Beide sind sich einig, dass ich selten so sehr mit mir und der Welt im reinen bin, wie wenn ich Maria Rechenschaft abgelegt habe und im Biergarten mein Hefiges und die Aussicht genieße.

Auch mir ist die maria wichtig. Allerdings sieht mein zwiegespräch mit ihr anders aus.

Ich kläre mit ihr aktuelle anliegen, hole mir rat, zuspruch und trost. Aber der befreiende blick vom biergarten runter auf die donau und in die landschaft ist genau so ein genuß, wie das bier dazu.

Anschließend fahren wir durch Österreich und Slowenien einfach durch um kurz hinter der Kroatischen Grenze zu schlafen.

Kuscheltiere und Tramper

zwischendrin sollte ich vielleicht von jeckyl und hurtz erzählen, so wie die sich immer auf die fotos schummeln!!!!!

die beiden sind unsere ständigen reisebegleiter.

während der autofahrten kleben ihre nasen an der windschutzscheibe vor dem beifahrersitz.

wanderungen erleben sie vorne im rucksacknetz, stadtbesichtigungen ebenda oder in michels hosentasche.

so waren sie schon viele male in irland und auf korsika, haben die zugspitze erklommen und sind auf unserer ersten israel/palästina-tour über den jordan gegangen und dürfen natürlich auch jetzt nicht fehlen.

bei der gelegenheit erinnere ich auch an die vielen tramper/innen, die wir bisher schon mitgenommen haben.

in dänemark fing es bereits an, in holland ging es weiter. kürzlich stand ein mensch aus aserbaidschan, seines zeichens stadtplaner mitten auf der autobahn unter der brücke, den wir erst mal zu einer vernünftigen rastsstätte zum weitertrampen gebracht haben.

Hey Rote Zora,… hier … da … Hopssassa!

mittlerweile sind wir in kroatien.

waren in senj, wo ‚die rote zora‘ gedreht wurde und haben südlich davon in klada am meer zwei tage mal nichts gemacht.

ein kuscheliger ort, der aber außer ferienhäusern, mal alte häuser restauriert, mal neu, und etlichen ruinen nichts mehr lebendiges hat.

so ist es oft: die alten ziehen weg, die jungen gehen lieber in die stadt, zurück bleiben verlassene häuser, die sich die jungen mit chance zum ferien machen wieder herrichten.

wir stehen gemütlich am ehemaligen hafen, unser frühstücksplatz ist die seitenwand der alten kirche und sowohl michel als auch ich denken darüber nach, mal an der strippe zu ziehen, die neben der kirchentür baumelt zum glocke läuten. was dann wohl passiert…???

Frühstück mit Meerblick

Die Rote Zora gehört leider nur zu meinen Kindheitserinnerungen, nicht zu binas. Das Buch wurde nicht nur in Senj verfilmt, es spielt auch in Senj, und der Autor (Kurt Held) hat Zoras reales Vorbild, ein rothariges Straßenmädchen tatsächlich in Senj getroffen.

Gasse in Senj. – Die Rote Zora ist gerade um die Ecke geflitzt..

Bora und Saline

weiter gehts in den süden.

wir fahren zum ersten mal durch richtig heftigen gewitterregen. was solls, es geht ja weiterhin dem sommer hinterher.

Dieser regenbringende Wind ist also die berühmte „Bora“! Ich dachte, die wäre ablandig und trocken. Hab ich wohl in Geographie nicht aufgepasst.

statt in split bleiben wir in ston hängen, weil wir eigentlich auf der insel mljet schnorcheln wollten.

aber allein die überfahrt soll schon irre viel geld kosten.

die überraschung: in ston gibt es die älteste noch betriebene saline des mittelmeerraums und europas. seit 4000 jahren gewinnen sie hier salz. und abends ist dort der abschlußabend eines festivals mit wunderschönen dalmatinischen gesängen und volksmusik. mit einheimischen, die mir die lieder erklären und leckerem bier. natürlich nehme ich mir ein tütchen salz mit.

Die traditionellen Dalmatischen Männergesänge sind wahrlich schön. Keine Instrumente, einer singt die Melodie, der Chor die Begleitung. Es hat fast etwas Korsisches. Doch an Korsische Gesänge reicht es eben doch nicht ansatzweise heran. (Der geneigte Leser kann auf Youtube ja mal das „Lamentu di Ghiesu“ der Gruppe A Filetta anhören. – Nicht abbrechen bevor der Chor einsetzt!)

Jedes mal wenn bina sie sieht, ruft sie begeistert: „Esel!“ Hier in Ston (Kroatien).

Dubrovnik

dann dubrovnik.

was für eine stadt! beeindruckend die dicken stadtmauern, die engen, verwinkelten gassen. erschlagend die touristenmassen, die sich einzeln oder in gruppen durch die stadt schieben.

ah, drei kreuzfahrtschiffe liegen auf reede.

aber zwischendrin immer wieder stille ecken und in ihnen tatsächlich auch normales leben ohne touridekoration. und der obligatorische irische pub.

Bina im Irish Pub in Dubrovnik.

Ich empfinde Kreuzfahrtschiffe wirklich als die Pest! Morgens liegen sie plötzlich vor einer Hafenstadt und spucken tausende von Touristen aus. Diese überfluten die Innenstadt, die antike Ausgrabungen oder einen Ort spektakulärer Natur. Und sie lassen sich überhaupt nicht auf Land und Leute ein. Können sie auch gar nicht. Sie haben nur ein paar Stunden. Werden mit eigenen Bussen gefahren. Machen eigene Führungen in Großgruppen. Höchstens, dass sie vor Ort einen Kaffee trinken oder ein Souvenier kaufen. Sie bringen den kleinen Hotels und Läden kein Geld. Sie lernen die Menschen nicht kennen. Das Geld macht das Kreuzfahrtunternehmen und wirlich kennen lernen sie nur das Schiff. Abends sind sie dann wieder weg. Mit Reisen als Begegnung mit Menschen und Kulturen hat das nichts zu tun. Und sanfter Tourismus sieht anders aus!

(Dass Kreuzfahrten erst durch die Ausbeutung des Bordpersonals (Arbeitsbedingungen und Bezahlung) und die konsequente Umgehung der sonst in der EU geltenden Umweltstandards so billig werden, schiebe ich mal so hinterher.)

Stadttor von Dubrovnik. Man beachte die Trennleine in der Mitte. Rechts geht’s rein, links raus. Touristenmanagment.
Etwas abgelegenere Seitengasse in Dubrovnik.

wir fahren weiter richtung albanien. ich verliere so langsam die übersicht, wo wir eigentlich sind.

montenegro? bosnien-herzigovina?

es wird unangenehm vom wetter her. die straßen sind schmierig, es ist so anstrengend für michel zu fahren, das wir zwischenstation auf einem netten montenegrischen campingplatz machen. unter 600 jahre alten olivenbäumen, von dessen öl ich natürlich eine flasche kaufe.

zum ersten mal schäme ich mich für teile meiner deutschen bevölkerung. ein mensch mit einem dicken wohnmobil, der uns schon morgens angemotzt hat, weil michel angeblich zu dicht an seinem gefährt geparkt hat, läßt mitten auf der zufahrt des platzes sein altwasser ab. direkt vor die füße der alten frau, die grad gründlichst mit viel wasser die platten schrubbt.

Wir sind in Montenegro! Vor Dubrovnik, das in Kroatien liegt, sind wir für ca. 10 km durch Bosnien-Herzegowina gefahren.

Ab Montenegro wird es wildwestiger. Bauvorschriften scheinen nicht mehr wirklich zu gelten. Und auf der Straße gilt das Recht des Stärkeren. Vor allem große schwarze Mercedeslimousinen mit russischen Kennzeichen, von denen es hier erstaunlich viele gibt, setzen ihre „natürliche Vorfahrt“ ohne Rücksicht auf Verluste durch.

Ankunft in Albanien

nun aber endlich albanien.

wir sind nicht mehr in der eu. zugegeben, es ist ein komisches gefühl.

Schon Bosnien-Herzegowina und Montenegro gehörten nicht mehr zur EU! Aber da Montenegro keine eigene Währung hat und in Euro zahlt, fällt das nicht so auf.

ich sag doch, ich hab den faden verloren.

wie viele mercedesse hier herumfahren! einer dicker als der andere. dazwischen eselskarren, lastesel oder lastenmofas.

die häuser sind bis auf sehr wenige ausnahmen nicht zuende gebaut und stehen in unterschiedlichen stadien des rohbaus, teilweise in absurder architektur in der gegend. ganz oft ist nur die unterste etage bewohnt.

erster anlaufpunkt: shkodër. drittgrößte stadt des landes.

eine einkaufsstraße mit großen hotels (zuende gebaut) und kleinen läden. teilweise etwas schicker, oft aber verstaubt und lieblos.

viele moscheen gibt es. irgend jemand muß sie gesponsert haben, so sehen sie aus. mich würde interessieren, ob derjenige auch bestimmt hat, welcher imam diesen gotteshäusern vorsteht.

ansonsten sind die muslime hier so unmuslimisch, wie in kaum einem anderen land.

die menschen sind schrecklich nett. es wär undenkbar, einem fremden nicht zu helfen. lieber geben sie einem die falsche auskunft als gar keine. bloß nicht zugeben, daß man keine ahnung hat.

ein guter albanischer kaffee erscheckend billig. .-35 cent.

wir wollen weiter nach theth zum wandern. michel hat eine spannende 3-tages-tour ausgesucht.

es gibt zwei möglichkeiten zu fahren. die erste, uns empfohlene, erweist sich als desaster. mitten in der pampa hört der asphalt auf und wir sehen uns seinem beeindruckenden schotterweg gegenüber.

Der Weg klebt am Hang. Rechts gehts steil rauf, links steil runter, die Piste dazwischen taugt nur für Allradfahrzeuge. Rückwärts wieder raus? Auf gar keinen Fall! Umkehrmöglichkeit erst nach mehrereren hundert Metern.

Bulli Offroad! Wieder auf dem Weg raus und die richtig heftige Passage hinter uns.

mit mühe kehren wir um, trinken in einer bar noch einen kaffee auf den schreck und fahren nördlich nach koplik.

das ist eine riesige baustelle als hauptstraße, wir kaufen ein und verbringen die nacht einsam am see.

Rückweg vom See nach Koplik.

Fahrt nach Theth

der neue versuch am nächsten tag läßt sich straßentechnisch gut an, aber ab dem pass gibts auch hier nur noch sehr schlechten feldweg als straße.

diesmal wagen wir es und langsam, langsam über die steine schaukelnd schaffen wir es nach theth.

nein, ich hab keine angst. nicht um mich. ich mach mir sorgen um bulli, wie der das wohl schafft.

abgesehen davon: die albanischen alpen sind beeindruckend. sie rufen danach, erwandert zu werden.

theth ist ein kleines verstreutes dorf. im sommer von wandersleuten gut besucht, im winter von der welt abgeschnitten.

Die Kirche von Theth.

es gibt etliche gästehäuser, bei einem können wir für kleines geld mit bulli stehen und bekommen nach einem spaziergang zu einem bezaubernden wasserfall ein tolles abendbrot.

Wasserfall bei Theth.

Wanderung in den Albanischen Alpen

der 1. wandertag läßt sich gut an. wir sind zwar nicht wirklich auftrainiert, aber das wird schon noch.

die landschaft ist aufregend, trittsicherheit ist gefragt und ich bin über meine wanderstöcke froh.

Blick auf das Tal von Theth bei einer Pause auf der Wanderung nach Valbona.
Oben auf dem Pass.

aber dann meldet sich mein knie. es wird steif und fängt an, zu schmerzen. und wir müssen eine noch so weite strecke bergab ins valdona-tal.

ich werde immer langsamer und überlege, wie ich die morgige 8-std-etappe schaffen soll.

in der herberge im tal, bei mitgebrachtem abendbrot fällt der entschluß:

wir gehen nicht weiter. auch zurück werde ich es nicht schaffen. wir werden bis in den nächsten ort trampen und dann nach shkodër mit einem bus fahren und am nächsten tag einen bus nach theth zurck nehmen.

ich bin frustriert. aber es nützt ja nix.

Umweg über Kosovo

trampen klappt gut. ein polizist nimmt uns bis zum busbahnhof im nächsten größeren ort mit.

und dort fahren auch gleich die kleinbusse nach tirana, von denen uns einer an der kreuzung zurück nach shkodër absetzen wird.

nach tirana ist es wirklich nicht sonderlich weit. aber alle kennen doch den spruch: der fährt peine-paris-pattensen, oder?

nun, dieser bus fährt tatsächlich stund um stund erst in den kosovo nach pristina und dann zurück nach albanien, weiter richtung tirana. wie gut, das wir unsere pässe dabei haben.

nach stunden sind erreichen wir die kreuzung nach shkodër. auf der weiterfahrt im nächsten bus fragt meine sitznachbarin wo wir hin wollen. als ich theth sage und sie es den anderen im bus erzählt, geht sofort eine laute, fröhliche schreierei los. ich frage, was los ist und sie sagt: wir diskutieren über die beste möglichkeit, nach theth zu kommen. ich: ‚es gibt keine!‘ sie übersetzt und alle lachen sich kringelig.

diese kleinbusse sind in der regel mehr oder weniger schrottreife transporter. natürlich von mercedes!

nebenbei haben michel und ich den ersten durchfall. kohletabletten helfen und ab sofort werden wir unser trink- und kochwasser in flaschen oder kanistern kaufen.

in der stadt übernachten wir in einem einfachen hostel und sichern uns über den host auch gleich den transport nach theth.

die nacht ist unruhig. das zimmer geht direkt auf die fußgängerzone hinaus und die albaner werden erst abends richtig munter und machen die nacht fast durch. stimmengewirr, laute musik, teilweise techno oder traditionelles, autogehupe. als ich schon denke, jetzt kommen keine neuen geräusche mehr dazu, fängt ein hund genervt an zu bellen und höhrt nicht wieder auf. den sortieren meine ohren auch weg, ich döse und dann fängt der muezzin zu singen an. das nun wieder live und wunderschön.

Abendstimmung in Skoder.

Bulli aus Theth abholen

die busfahrt nach theth klappt reibungslos.

und wer zwischendurch was einkaufen muß, oder der tante schnell hallo sagen will, muß bescheid sagen, dann hält der fahrer kurz an und alle anderen warten. er beliefert unterwegs auch selbst noch das eine oder andere restaurant mit was-auch-immer, bringt irgendwelchen straßenarbeitern ihr pausenessen vorbei.

und nimmt die schotterstrecke mit einer gnadenlosigkeit, das mir das auto mal wieder richtig leid tut.

den rother-wanderführer verschenken wir an zwei deutsche mitfahrende, die auch wandern wollen.

endlich hat uns bulli wieder und wir machen uns gleich auf den weg nach oben und fahren nach tirana.

ich bin ein wenig traurig, daß wir die tour nicht zuende laufen konnten. verdammtes knie!

andererseits hätten wir sonst nicht dies busabenteuer erlebt.

unterwegs nehmen wir wieder tramper aus polen mit, die nach makedonien wollen.

Wir erwähnen hier nicht einmal annähernd alle Tramper, die wir mitnehmen!

tirana ist ein moloch! die stadt stinkt nach verbranntem müll, der verkehr ist ein einziger kollaps.

sage mir nie wieder jemand, hamburg hätte ein verkehrsproblem!!!!!! lachhaft.

wir finden kaum aus der stadt raus. als es dann aber doch klappt, landen wir von allein in dem kleinen dorf, in dem wir uns eine alte burg anschauen wollten.

die nacht auf dem verlassenen dorfplatz nach einem kaffee in der bar ist wieder unruhig, weil es der treffpunkt der jugendlichen ist, die mit ihren autos, natürlich mercedesse, durch die gegend kacheln.

wir werden aber in ruhe gelassen und schauen uns am nächsten tag tirana an.