Michels Patenonkel

Di-Fr 24.-27. Apr 2018

wir fahren nach skafidia, wo wir h… und n… treffen. es begrüßt uns als erstes der wachhund greko, freudig schwanzwedelnd und ganz grau, weil er sich (mal wieder) in asche gewälzt hat. c… und sein sohn v… sagen hallo und dann machen wir, h… und n… uns auf zum essen. danke ihr beiden für die einladung.

der strandparkplatz von skadifia eignet sich wunderbar zum stehen und übernachten. zum sonnenuntergang kommt h… herunter und wir sitzen stundenlang am strand, trinken den guten wein vom athos, den wir noch haben und das erzählen, plaudern, nachfragen und diskutieren nimmt fast kein ende. was für ein kurzweiliger tag! danke schön!

Der Strand von Skafidia.
Patenonkel und Patenkind im tiefen Gespräch.

N…, die Frau von H…, dem jüngsten Bruder meiner Mutter und meinem Patenonkel, ist Griechin und hier in der Gegend aufgewachsen. Wir bleiben drei Nächte am Strand von Skafidia, einfach weil es so schön ist, und treffen uns in dieser Zeit mehrmals mit H… oder H… und N… gemeinsam. Leider bin ich bei jedem dieser Treffen so in Gespräche mit H… vertieft, dass ich kaum

dazu komme, tiefer mit N… zur reden. Bina muß mir dann hinterher immer von ihrer Unterhlatung mit ihr erzählen.

Irgendwie ist es seltsam, dass ich mich mit H… so gut verstehe. Denn er ist Nuklearphysiker und war vor seinem Ruhestand vor allem mit der Endlagersuche befasst. Ich hingegen bin, gerade weil ich Physiker bin, aus tiefster Überzeugung Atomkraftgegner und habe mehrere Jahre damit zugebracht, Demonstrationen, Blockaden, Informationsabende und so weiter gegen CASTOR-Transporte nach Gorleben und anderswo zu organisieren. Ich habe meine Studienarbeit zu Kühlmittelleckagen in Krümmel gemacht. Und einmal habe ich mich sogar als Sachbeistand auf einem Erörterungstermin an einem Gutachten abgearbeitet, in dem mein Patenonkel als Mitverfasser angegeben war.

Morgennebel am Strand von Skafidia.
Unsere Haustiere in diesen Tagen. Die Apfelreste, die wir ihnen morgens hinlegen, sind abends immer komplett verschwunden.

Als wir weiterfahren nehmen wir neben den Gesprächen noch einen weiteren Schatz im Gepäck mit: Drei Flaschen Wein aus dem Weinberg von N’s Bruder C. Dieser hatte nämlich bis vor ein paar Jahren einen Weinberg. Einfach, weil er guten Wein haben wollte. – Danke und jammas!

Beobachtungsschniepsel:

  • orts- und hinweisschilder sind sehr oft mit allem möglichen übersprüht oder überklebt. manchmal bis zur unkenntlichkeit.
  • in größeren dörfern und in städten gibt es an so gut wie jeder straßenecke ein hinweisschild nach athen. aber wenn man ins nächste dorf will, sucht man sich dumm und dusselig nach der richtigen abzweigung.
  • hab ichs schon beschrieben? ich weiß es nicht: holsteiner schwarzbunte sind der monostuhl unter den kühen. man findet beides selbst in der allerhintersten ecke von palästina oder kurdistan.
  • in so manchen gärten und am straßenrand gibt es bäume, die haben blütenstände, die original wie flaschenbürsten aussehen, so wie wir sie wohl alle in der küche haben. und dann auch noch in knallrot.
  • es gibt unendlich viele olivenbäume. kilometer um kilometer fahren wir an hainen entlang. immer mal wieder hängt an einem der bäume direkt an der straße, sorgfältig festgebunden, ein weißer kanister mit henkel aus plastik oder eine weiße plastikflasche steckt verkehrt herum auf einem stock. ich habe keine ahnung, was der zu bedeuten hat (oliven zum selbstpflücken? der besitzer dieses haines verkauft sein öl an privat? ein zauber gegen olivendiebe? schädlingsschutz?)
  • die fraglichen blumen heißen übrigens mittagsblume oder hottentottenfeige. delosperma oder carpobrotus sukkulente oder auch khoi sukkulente.  je nach farbe. danke an n… und p…, die mich unabhänging voneinander aufgeschlaut haben. 

Die Katafyngi-Höhle

Fr-So 27.-29. Apr 2018

Am Freitag verlassen wir Skafidia und fahren nach Trahila, einem kleinen Dorf am Ende einer schmalen Sackgasse in der äußeren Mani (also auf der linken Seite des Ansatzes des Mittleren Fingers des Peloponnes). Wir fahren durch das Dorf hindurch und suchen unseren Schlafplatz dort, wo die Dorfstraße zum im Nichts endenden Schotterweg wird. Trahila hat durch seine abgeschiedene Lage viel von seiner Gemütlichkeit bewahrt und ist schon alleine deshalb einen Abstecher wert, wie wir im Cafe am Hafen sitzend finden.

Blick von unserem Schlafplatz auf Trahila.

Doch die eigentliche Sehenswürdigkeit ist (unserer Meinung nach) die Katafyngi -Höhle. Sie ist mit 2,5km Ganglänge die viertlängste Höhle Griechenlands und eine wilde Höhle. Das heißt, es gibt keinen Eintritt, keine Beleuchtung, gar nichts. Begehung auf eigene Gefahr. Wir haben uns extra hier für gute Stirnlampen zugelegt, unsere normalen Taschenlampen mit frischen Batterien bestückt, ausreichend Ersatzbatterien zum Wechseln dabei sowie mehrere hundert Meter Angelschnur als Ariadnefaden gekauft. Mit Stirn- und Taschenlampen, Ersatzbatterien, Ariadnefäden, Schokolade, Keksen, Wasser und Wanderschuhen geht es am späten Samstagvormittag in die Höhle.

Der Höhleneingang liegt direkt unterhalb der Straße von Agios Nikolaos nach Trahila am Meer.
Die ersten Meter ohne Sonnenlicht.
Anfangs ist der Gang ein paarmal so niedrig, dass wir fast kriechen müssen.
Mal geht Michel vor…
… und mal bina.
FOTO: Je weiter wir kommen, desto beeindruckender wird die “Landschaft”. (Bei den Fotos ohne Blitz sieht man meist den Schatten der Kamera im Licht der Stirnlampe.)
“…through dungeons deep and caverns old…” [Lied der Zwerge im kleinen Hobbit.]
Tiefer im Berg weitet sich die Höhle öfters zu Räumen und Hallen.
Diese Figur in etwa 3m Höhe haben wir “die nackte Frau” genannt. (Oberer Teil der Formation und liegend, als ob sie gerade gemalt würde.)
Es gibt mehrere Kletterstellen…
…die wir aber weitgehend problemlos bewältigen.
Eine weitere Kletterstelle.
Hier ist Schluß für uns.

Ziemlich genau eine Stunde nachdem wir das letzte Sonnenlicht gesehen haben, stehen wir vor dem oben zu sehenden Loch im Höhlenboden, über das eine schmale Steinbrücke führt. Wir überlegen ein wenig und beschließen dann vernünftig zu sein. Boden und Steinbrücke sind doch zu feucht und rutschig und wir zu unerfahren, um es zu riskieren. Wie wir später anhand einer groben Karte der Höhle sehen, sind wir an dieser Stelle etwa 600m weit in die Höhle vorgedrungen. Aber für uns fühlt es sich tiefer an.

Überall gibt es Pfeile, die Richtung Ausgang deuteten, so dass unsere Ariadnefäden gar nicht zum Einsatz kommen. Einen der Pfeile sieht man im Bild oben.

Bevor wir den Rückweg antreten, machen wir eine Imbiss-Pause und genießen die Stimmung.

Wir beim Pause-Machen mit Selbstauslöser aufgenommen.
Auf dem Rückweg nimmt bina die Kamera und Michel den Rücksack.
Michel hinter zwei wirklich beeindruckenden Stalagnaten.
Als sei es ein gefrorener Wasserfall.
Leider gibt es in den kleinen Teichen keine Grottenolme. Dafür in der Luft aber Fledermäuse.
Diese langbeinigen Höhlenkäfer kennen wir schon von unserer ersten kleinen Höhlenwanderung im September 2017.

Nach zwei Stunden (1h,57min) sind wir wieder am Tageslicht. Neben den Erlebnissen im Kopf und den Bildern in der Kamera bringen wir einen Haufen abgebrannter Teelichte aus der Höhle mit, die irgend jemand vor uns dort hat stehenlassen. – Wir sind an diesem Tag übrigens die einzigen Höhlenwanderer.

Anschließend fahren wir nach Agio Nikolaos an den Strand. Erst schnorcheln wir etwas, dann gehen wir in die Strandkneipe, wo wir S… und I… treffen. S… kommt von hier, arbeitet in einer Bar einen Kilometer weiter im nächsten Dorf, die seiner Schwester gehört und betrinkt sich bei seinem Kollegen, bevor er nachher selber zur Schicht muß. I… kommt aus Österreich, ist hier hängen geblieben und mit S… zusammen. Nach zwei Bier drängen wir S… seine Schicht anzutreten. Seine Schwester wartet ja schon.

Pubcrawling S… und I… im Hintergrund können sich noch nicht ganz von der Strandkneipe lösen.

Als wir S… bei seiner Schwester abliefern, gibt diese uns zum Dank eine Runde Metaxa aus. Der Rest sind viel Spaß, das eine oder andere Bier und selbst gebrannter Zipero.

Spät nachts torkeln wir glücklich zu unserem Bulli zurück… und kriegen einen Mordsschreck. Hundert Meter bevor wir unsere Wanderschnecke erreichen, finden wir die Plexiglasscheibe eines der Oberlichter auf der Straße. Einbruch? Vanalismus? – Nein! Zum Glück nicht. Ein starker Windstroß hat das geöffnete Oberlicht ausgehebelt und weggeschleudert.

Zum Glück gibt es Panzerband!

Das obige Bild ist von der zweiten Reparatur am Sonntag. Die erste Reparatur haben wir betrunken, nachts und bei Wind nicht ganz so gut hingekriegt. – Aber hey: das ist hier halt keine All-Inclusive-Pauschalreise. Wir wollten ein Abenteuer, wir kriegen ein Abenteuer.

Die Mani

So-Fr 29. Apr – 4. Mai 2018

Die Mani ist der Mittelfinger des Peloponnes und ihre Spitze der südlichste Punkt des europäischen Festlands. (Auch wenn Gibraltar das anders sieht)

wir brechen am sonntag in die innere mani auf. über areopoli nach kotronas, wo ein bekannter von bina in einem der berühmten mani-türme auf einem berg lebt und bei dem wir übernachten durften. mit abendlichem schakalgeheule und wunderbarem blick aufs meer.

Das Heulen der Schakale ist im Vergleich zu dem der Hunde eher ein Singen.

am montag geht es an eine der südspitzen europas. wobei sich der mittelfinger der mani mit gibraltar streitet, wer von beiden am südlichsten ist. es kann sich nur um ein paar meter handeln…

die landschaft ist karg und voller büsche. in den nischen der hügel und an den küsten kleine häuseransammlungen, auf den hügeln die alten burgähnlichen dörfer. wir sehen viele ruinen, aber auch neue häuser, die erfreulicherweise im stil der alten gebaut wurden. natursteinwände, immer ein turm dabei mit der typischen dachterrasse und alles ziemlich wohlhabend aussehend.

Auf dem Weg zur Südspitze.

um wirklich an die spitze europas zu gelangen, stellen wir bulli auf einam parkplatz ab und gehen, wie alle, die letzten drei kilometer zu fuß. ein steiniger schmaler wanderweg führt zu einem leuchtturm, dann kommen noch ein paar steine und danach ist nur noch meer und erdkrümmung.

seitlich vom leuchtturm kann man doch an ufer hinunter klettern und natürlich machen wir das.

Michel ist über das Mäuerchen südlich des Leuchtturms gestiegen (davor hat es einen wirklich breiten Sims), um etwas südlicher als die anderen Touristen zu sein.
Bina mit Leuchtturm – von Süden aus gesehen! (Nachdem wir den seitlichen Kletterpfad am Leuchtturm vorbei entdeckt haben.)
Lands End!
Auf dem Rückweg: Wieder mal eine stachelige Schönheit am Wegesrand.

wir finden einen wunderbaren stellplatz neben einem restaurant direkt am wasser. der ort besteht eigentlich nur aus ein paar häusern und dem kiesweg direkt am strand. die häuser sind relativ neu. oben auf dem hügel sehen wir das alte dorf stehen mit seinen steinhäusern und türmen.

was für ein angenehmes konzept: der wirt kommt gleich zu uns und sagt, wir dürften hier stehenbleiben, auch über nacht. natürlich wird erwartet, daß wir bei ihm zumindest was trinken, was wir selbstverständlich auch tun. allerdings essen wir im bulli und genießen die aussicht beim frühstück.

So schlafen wir in der südlichsten Hafenbucht Europas. Nur wenige Kilometer von der Südspitze entfernt.

Die Aussicht aus dem Bulli.

Am Dienstag geht es dann zurück nach Norden zum Fingeransatz des Manifingers.

Ein alter Wehrturm in der Mani.
Die Bucht von Kontronas.
Noch ein alter Wehrturm.

um kotronas herum hat es letztes jahr großflächig gebrannt. das ist für die leute eine echte katastrophe, wenn die olivenbäume verbrennen. sie brauchen so lange, bis sie wieder tragen oder überhaupt abgeerntet werden können, wenn sie neu gepflanzt wurden. keine oliven, kein öl, kein geld vom verkauf. es ist traurig, die kahlen hänge zu sehen, die doch um diese jahreszeit grünen und blühen müßten.

das schlimme ist nicht nur das feuer, sondern die hitze, die dabei entsteht und alles verdorren läßt was in seiner nähe steht. und das problem bei oliven ist, daß die stämme oft innen hohl sind und bei feuer wie ein kamin wirken, den man nur schwer löschen kann. aufgefallen ist uns, das die bäume von unserem bekannten alle komplett verbrannt oder vertrocknet sind, während auf dem selben hügel die bäume immer noch den einen oder anderen grünen ast haben, tüchtig beschnitten wurden und wenigstens ein paar oliven tragen werden.

offentlichtlich kennen die griechen wege, wie man einen baum rettet. wahrscheinlich machen sie es genau so, wie es edris aus hebron uns erzählt hat: nassen lehm in die löcher drücken und das feuer ersticken. anscheinend kennt unser bekannter das nicht und seine nachbarn scheinen ihm ihren trick auch nicht erzählt zu haben. dabei wohnt er seit 35 jahren dort. wir wundern uns…

ich erinnere mich an die französin am parkplatz der südspitze, die mitten in die trockene landschaft allen ernstes einen brennenden zigrettenstummel auf die erde warf. michel sah es und machte sie darauf aufmerksam. sie sagte nur ‘danke’ und scherte sich trotzdem nicht um den stummel, den er schließlich austrat und wegwarf, und fuhr weg. sie kann so froh sein, daß ich das so schnell nciht mitbekommen hab. DER hätte ich was erzählt!!!!

Hier hat das Feuer gewütet. Wenigstens ist das Gras schon wieder grün.
Meist bleiben nur schwarze Baumskelette übrig. Sie werden nie wieder blühen!

wir fahren nach mavrovouni südlich von gythio am fingeransatz der mani. dort gibt es ein kleines gästehaus, in dem wir uns für drei nächte einmieten. uns ist einfach mal wieder nach vier wänden und einem dach, einer dusche und nach einer reisepause. tatsächlich gehen wir weder zum kleinen privatstrand hinunter, noch in den wirklich hübschen ort. wir lümmeln im bett, schauen filme auf dem rechner, lesen, schlafen, trinken abends die letzten flaschen wein vom athos bei telefonaten mit s… und n… und genießen die badewanne. die ausgesprochen nette wirtin wundert sich ein bischen, aber kann uns verstehen, als wir ihr erklären, daß wir seit einem dreiviertel jahr auf reisen für ein paar tage ein zuhause möchten. im gegensatz zu den üblichen gästen, die das ganze jahr ein zuhause haben und im urlaub auslauf brauchen.

Mystras

Fr 4. Mai 2018

Eine gute Lage ist eine gute Lage ist eine gute Lage! Und das byzantinische Mystras hatte eine gute Lage. Von den Hängen eines dem Taygetosgebirges vorgelagerten Bergkegels überblickte es die fruchtbare lakonische Ebene, in welcher in der Antike Sparta lag. Heute ist Mystras mit Ausnahme einiger Kirchen und Klöster eine Ruinenstadt und wirkt dadurch nur noch mehr wie ein Teil von Mittelerde.

Die Festung von Mystras auf dem Gipfel des Bergkegels.
Blick ins Tal über eine Kirche, die sich nicht ganz entscheiden kann, ob sie Ruine ist oder nicht.
Das Innere der Kirche.
Das Säulenportal der Kirche.
Diese Blume im Mauerwerk und die kleinen Schnecken haben uns fasziniert.

Bei den Schnecken haben wir überlegt, ob sie vielleicht Mineralien für ihre Schneckenhäuser aus dem Stein lösen.

ehrlich gesagt haben wir uns steinbeisser anders vorgestellt. aber vielleicht sind diese schnecken eine embryonale vorform?

Ruinenromantik pur.
Das Tor zwischen Ober- und Unterstadt.

Als wir Mystras verlassen, verknackst sich bina den Fuß. Sowas passiert natürlich nicht auf einem steilen Berg oder einer tiefen Höhle, sondern ganz banal auf der Stufe des Kassenhäuschens. Für einige Tage ist Knöchelkühlen und Wanderverzicht angesagt. Aber es ist nichts nachhaltig Schlimmes. Verknackst halt.

Von Mystra aus fahren wir noch einmal durch die Langada Schlucht, durch die wir ja vor ein paar

Tagen schon einmal gefahren sind, zur Bucht von Kalamata, um uns auf dem westlichen (linken) Finger des Peloponnes einen netten Strand zu suchen.

Wenn man im Bulli drin sitzt hat man das Gefühl, er würde fast an der Felsendecke kratzen.
Auf der Stellplatzsuche begegnen wir diesem Kranich.

Melancholie am Traumstrand

Fr-So 4.-6. Mai

Ein paar Kilometer vor Koroni entdecken wir am Ende eines abenteuerlich engen und steilen Sträßchens einen Traumstrand, den wir mit einem normalen Wohnmobil niemals erreicht hätten. Wir bleiben zwei Nächte und haben mindestens zwei Kilometer Sandstrand mit tollen Sandklippen fast für uns alleine. Nur zeitweise müssen wir die Idylle mit einer niederländischen Familie oder einem Einheimischen, der hier sein Feierabendbier trinkt, teilen.

Einziger Schöheitsfehler: Es gibt hier beim Schnorcheln fast keine Fische zu sehen. Einem Halbeinheimischen zufolge liegt das an einer schwefelhaltigen Quelle in der Nähe.

Strand, Stellplatz und Sandklippen bei Sonnenuntergang.

Erdgeschichtlich gesehen kommen wir offensichtlich einige Millionen Jahre zu früh. In den Sandklippen stecken überall und auf jeder Höhe Muscheln. Sie müssen hier gelebt haben, als die jeweilige Klippenhöhe der Meeresboden war. In ein paar Millionen Jahren, wenn der harte Sand zu Stein geworden ist, werden sie vermutlich als Versteinerungen zu finden sein.

Muscheln in den Sandklippen.

Ich habe hier das erste Mal auf unserer Reise einen großen Schub von Melancholie und Reiseunlust. Ich habe keine Lust mehr zu Reisen. Keine Lust Fremder zu sein, Tourist. Ständig neue Strände, Berge, Städte und Ruinen zu sehen. Ich vermisse meinen Alltag, die Freunde, die Schule, die Schüler. Ich würde mich gerade mit Wonne in die Korrektur einer Mathearbeit stürzen.

Erst nach einem ganzen Tag Reiseunlust-Melancholie komme ich von Kopf und Gefühl zu dem Schluß, dass es ja “nur noch knapp über drei Monate” sind. Ich schaffe es mich aktiv auf diesen “Resturlaub” einzulassen und darüber zu freuen. Aber das geht nur, weil ich mich auch schon wieder auf Zuhause freuen kann.

Als Jugendlicher habe ich irgendwann mal das Buch “Ein Jahr Ferien sind genug” gelesen. Der Titel hat recht. Und es gehört zu den Privilegien des Sabbathjahres, sich tatsächlich wieder nach seinem Alltag sehnen zu können. Seinen Wert zu erkennen und zu schätzen.

Im Laufe des Jahres habe ich übrigens immer wieder mal über mein Leben nachgedacht. Was macht mich glücklich und zufrieden? Was ist für mich “Sinn meines Lebens”? Was ist mir wichtig? Und ich habe mir Stichpunkte und Merksätze notiert. Zu Themen wie Beziehung, Freundschaft, Beruf, Politik, Leben. (Ich werde sie hier nicht veröffentlichen, das ist dann doch zu persönlich, zu privat.) Aber es fühlt sich gut an, den Abstand zum eigenen Alltagsleben zu haben, so grundsätzlich, auf verschiedenen Ebenen und in verschiedene Richtungen über mich und mein Leben nachdenken zu können.

Nach dem Melancholietag – der sich irgendwie auch ganz angenehm angefühlt hat – bin ich wieder mit Lust, Herz und Sinnen auf der Reise.

ich glaube, auch ich werde mich verändert haben. bestimmt, vielleicht auch hoffentlich, anders als michel. ich fände es erschreckend, wenn es in die komplett selbe richtung ginge. soviel symbiose muß dann doch nicht sein. ich gehe nicht in der strategischen weise wie michel an meine überlegungen heran. ich bin gespannt, wie sich das leben gestaltet, wenn wir wieder zuhause sind.

aber auch ich finde: ein jahr reisen ist genug. auch mir fehlen freunde, meine trommel- und irish-music-kollegen, patienten, arbeitskollegen. ja, mir fehlt so langsam auch wieder etwas mehr platz in der küche, ein weniger chaosanfälliger kleiderschrank, wo ich sofort alles finde. gleichzeitig habe ich auch ein bischen schiß vor dem nach hause kommen. vor der arbeit, die das sich-wieder-einfinden mit sich bringen wird. ich bin gespannt.

mein fuß freut sich an diesen zwei tagen über kurze spaziergänge in der kalten brandung. er ist geschwollen, aber schmerzt nur bedingt bei bestimmten bewegungen. da ich weiß, wie sich bänderabrisse bei mir anfühlen, kann ich mir sicherheit sagen: ich hab mir wirklich nur den fuß verknackst.

Hier kommt kein normales Wohnmobil durch! Und die ersten Meter Rückweg vom Strand sind fast noch die harmlosesten.

ich schwanke in solchen momenten immer zwischen angst um bulli und abenteuerlust und bin mir unsicher, ob ich michel bitten soll, nicht weiter zu fahren oder mich auf ihn verlassen kann, das er weiß, was er tut. meist ist letzteres der fall, aber es gab ja auch schon andere situationen, die dann ja zum glück gut ausgingen. – insbesondere, dass wir uns zweimal festgefahren hatten und rausgezogen werden mußten.

Bucht von Navarino

So-Di 6.-8. Mai

Wir fahren um die Spitze der Halbinsel herum und über die schönen Hafenstädtchen Koroni und Pylos von einem Traumstrand zum nächsten, an dem wir dann wieder zwei Nächte bleiben.

Bulli auf dem Golden Beach an der Bucht von Navarino.

Nach griechischer Definition erleben wir drei Tage “Regenwetter”, wobei jeder dieser drei Tage in Hamburg als “sonnig” durchgehen würde. Die Maßstäbe sind eben unterschiedlich. Allerdings steht Bulli am Morgen nach der ersten Nacht in einer großen Pfütze. Zum Glück ist der Untergrund fest und wir können umparken.

In der zweiten Nacht regnet es nicht (oder deutlich weniger) dafür haben wir wirklich unglaublich viele Mücken im Bulli. Autan alleine hilft nicht. Wir brennen zwei Anti-Mücken-Räucherspiralen gleichzeitig ab. Vor allem die eine, die uns Freunde aus Hong-Kong mitgebracht haben, ist offensichtlich der Hammer. Wir vermuten DDT. Am nächsten Morgen liegen hunderte (ja wirklich hunderte) toter Mücken im Bulli. Sie sind die ganze Nacht über durchs offene Oberlicht reingeflogen und dann sofort und wortwörtlich “reihenweise tot umgefallen, wie die Fliegen.”

Tote Mücken auf dem Autanfläschchen.

Die Bucht von Navarino ist nicht sehr groß und durch eine Insel vom Meer abgeriegelt. Sodass sie eher wie ein See wirkt. Auf diesem “See” tobte 1827 die Seeschlacht von Navarino in der die vereinigte englische, französische und griechische Flotte die ebenfalls vereinigte türkisch, ägyptisch tunesische Flotte vernichtend schlug, dabei 53 Schiffe versenkte und die muslimische Vorherrschaft im östlichen Mittelmeer entgültig brach. Es muß eine Seeschlacht auf kürzeste Distanz gewesen sein. Und die Bucht ist voll von ungehobenen Schiffswracks, weshalb das Tauchen mit Sauerstoffflaschen strengstens verboten ist.

Der Palast des Nestor

Di 8. Mai 2018

Nach so vielen Strandtagen ist uns wieder nach Besichtigung zumute. Wandern geht mit binas Fuß noch nicht. Obwohl sie ihn brav regelmäßig im Mittelmeer kühlt und er zusehends besser wird.

Wir besuchen den Palast des Nestor, einen mykenischen Palast, der von den antiken Griechen, für die die Mykener ja auch schon jahrhunderte alte sagenumwobene Vorzeit waren, dem Helden Nestor zugeschrieben wurde. Nestor hatte von den Göttern die Gnade erhalten, drei Menschenleben alt zu werden, sodass er von der Fahrt der Argonauten bis zum Trojanischen Krieg so ungefähr jedes Gemeinschaftsabenteuer mitmachen konnte, bei dem es sich für einen mythologischen griechischen Heroen lohnte dabei zu sein. Quasi im Nebenberuf war er auch noch weiser Herrscher von Pylos.

Den Grundriß des Thronsaales mit Feuerschale, vier Säulen, Thron an der rechten Seite und zwei Vorräumen kennen wir schon aus Mykene.
Amphore mit verziertem Rand. In einem der Räume haben sie tatsächlich intakte, mit Olivenöl gefüllte Amphoren gefunden.
Michel betrachtet den ehemaligen Aufgang zu den Frauengemächern.
Fest installierte Badewanne aus gebranntem Ton mit typisch mykenischer Verzierung. – Könnte auch in einem Ökoprojekt im Wendland stehen.

ich hätte bei solchen besichtigungen gern einen kundigen archäologen an der seite, den ich mit fragen löchern kann. denn ich entdecke hier und da dinge, die ich mir nicht erklären kann. beispielsweise die unregelmäßig angelegten und in ungleicher anzahl vorhandenen, aber gleichgroßen löcher neben der ersten stufe zum gemach der frauen hinauf. wozu waren die denn da? oder rechts neben der stelle, wo im thronsaal der thron stand eine ca. einen meter lange, zum saal hin gebogene ca. fünf cm breite rinne/kerbe im steinboden, die an beiden enden an einem loch endet. was soll das? sowas steht natürlich weder im reisebuch, noch auf den schautafeln.

Der (Wer-)Wolfsberg

Di/Mi 8./9. Mai 2018

S…, eine Schülerin mit Faible für Altgriechisch und Mythologie (sowie einer mutmaßlichen Phobie gegen Formel-Physik) hatte mir, nach ihrem persönlichen Tipp für unser Sabbathjahr befragt, den Oros Lykaios empfohlen. Danke dafür!

Der Oros Lykaios, zu Deutsch “der Wolfsberg”, ist den Legenden nach der Entstehungsort der Werwölfe. Mir sind hierzu zwei Legenden bekannt. Die Erste besagt, dass der König Lykaion, dem Zeus Menschenfleisch zu essen angeboten haben soll, als dieser bei ihm zu Gast war. Woraufhin der Göttervater den König zur Strafe mit dem Werwolfsfluch belegte. Der zweiten Legende zufolge konnten sich die Priester des Tempels auf dem Berggipfel in Wölfe verwandeln, indem sie nachts Menschen opferten und ihr Fleisch aßen.

Archäologische Grabungen in den letzen Jahren haben keine Belege für Menschenopfer oder Kanibalismus auf dem Berggipfel gebracht. – BISHER! Aber das heißt nicht, dass es das hier nicht gab. Und undenkbar wäre es keineswegs. So sind beispielsweise auf der Insel Kreta Menschenopfer nachgewiesen.

Dafür brachten die Grabungen eine andere Sensation zutage: Der Gipfel des Wolfsbergs ist die älteste bekannte Kultstädte des Zeus. Vor, aber nicht erst von den Mykenern wurde er hier verehrt. Schon in neolithischer Zeit, vor mehr als 5.000 Jahren gab es auf dem Gipfel einen Kultplatz.

Auf der Suche nach dem Wolfberg, genauer gesagt, auf Suche nach dem Weg auf seinen Gipfel, verfahren wir uns kräftig. Ausschilderung? Fehlanzeige! Nicht einmal die sonst omnipräsenten Richtungsschilder nach Athen gibt es hier. – Aber was wäre ein mythenumwobener Werwolfsberg, der uns den Weg zu seinem Gipfel leicht machen würde? Ein besserer Steinhügel wäre er! Wir übernachten an den Hängen des Berges mit großartigem Sternenhimmel – und ohne Werwolfskontakt.

Abends an den Hängen des Wolfsbergs.

Am nächsten Morgen finden wir den Weg zum Gipfel aufgrund der provisorischen Ausschilderung zu den Lykischen Spielen. Die Lykischen Spiele waren in der Griechischen Antike die ältesten Wettkämpfe ihrer Art. Viel älter als die Olympischen Spiele. Und genau wie die Olympischen Spiele sind sie im 20ten Jahrhundert wieder auferstanden. Alle vier Jahre treten die Athleten der verschiedenen griechischen Städte auf historischem Boden am Wolfsberg, einem Plateau unterhalb des Gipfels gegeneinander an. Und irgendwie haben sie vergessen, die Schilder von den Spielen im letzten Jahr wieder abzubauen.

Vom Plateau der Lykischen Spiele aus schaukeln wir mit Bulli eine enge Schotterpiste bis zum Joch zwischen dem Doppelgipfel des Berges hoch. – Dank Spektrum Wissenschaft wissen wir, dass die Archäologen es auch geschafft haben, mit einem Kleinbus hochzukommen. Und was diese Indiana-Jones-Verschnitte können, kann unser Bulli schon lange.

Wir haben den Gipfel des Wolfsbergs und später das Plateau der Lykischen Spiele ganz für uns alleine.

Hurtz bringt Jeckyl dem Zeus als Opfer dar.

Was Hurtz leider übersieht: Er ist schon ein Wolf! Und Stoffschaf Jeckyl ist (wenn man es umkremelt) ebenfalls ein Wolf!

Etwas abseits hat die orthodoxe Kirche eine Kapelle errichtet. – Bei solchen heidnischen Kultstätten kann man als christliche Kirche nicht vorsichtig genug sein!
Diese große vogelspinnenartige Spinne hat sich einen wirklich passenden Ort ausgesucht.
Drei Bekloppte am neuzeitlichen Vermessungspunkt auf dem Gipfel.
Blumenidylle auf dem Plateau der Lykischen Spiele.
Wie bei allen archeologischen Stätten, die nicht zu den Topsehenswürdigkeiten gehören, ist hier nix abgesperrt.
Michel fährt Wagenrennen gegen sich selbst.

Zum Abschluß juckt mir nochmal das Fell und ich fahre auf dem antiken Hippodrom ein Wagenrennen gegen mich selber. Und bevor sich jetzt jemand empört: Von Photos wissen wir, dass auf genau diesem Platz alle vier Jahre die Lykischen Spiele der Neuzeit stattfinden. Mit Kugelstoßen, Freßbuden und so weiter. Der Schotter ist auch realtiv neu. Ich mache hier nix kaputt.

Dieser Käfer scheint sich hartnäckig für einen Ring an binas Finger zu halten und macht sich wirklich gut!

Als wir wieder hinunter fahren, entdecken wir zwei kreisrunde, waagerechte gepflasterte Plätze am Berghang.

Was ist das? Wie alt ist es? Wer hat das gebaut? Und wozu?

Und plötzlich haben uns die Neuzeit und die Zivilisation wieder. Wir treffen auf ein Braunkohlekraftwerk.

Arkadische Landschaft – ganz anders als im Bilderbuch.

Das Massaker Kalavryta

Mi/Do 9./10. Mai 2018

Das peloponnesische Bergdorf Kalavryta ist eine der seelisch eher unangenehmen Stationen unserer Reise, der wir uns aber stellen wollen.

Auf dem Weg nach Kalavryta.

Am 13. Dezember 1943 hat die Wehrmacht in Kalavryta das schlimmste Massaker der deutschen Besatzung in Griechenland während des zweiten Weltkriegs verübt. Als maßlos überzogene “Vergeltung” für den Tod von etwa 80 Wehrmachtssoldaten haben sie alle Männer des Dorfes erschossen, insgesamt 695 Menschen und das ganze Dorf angezündet. Auch die Schule, in der sie Frauen und Kinder eingesperrt hatten! Die Frauen und Kinder konnten allerdings die Türen aufbrechen und dem Feuer entkommen.

Gedenkstätte auf dem Platz des Massakers oberhalb von Kalavryta.
Die Fotos der Ermordeten im Dokumentationszentrum im Dorf.
Denkmal für die ermordeten Männer und die überlebenden Frauen und Kinder.

die erschossenen männer wurden auf dem erschießungsplatz liegen gelassen. die frauen und ihre kinder sind mit tüchern und decken gekommen und haben ihre männer auf diese weise ins dorf gezogen. das stellt das denkmal dar.

Der Besuch der Gedenkstätte auf dem Erschießungsplatz und des Dokumentationszentrums macht uns tief betroffen. Auch weil es von unserer, also deutscher Seite keinen ernstzunehmenden Versuch der Wiedergutmachung oder Entschädigung gegeben hat. Lediglich 33 griechische Kriegswaisen erhielten eine Berufsausbildung in Deutschland. Das war es. – Schäbig!

Trotz der Betroffenheit haben wir Kritik an dem Gedenken.

Erstens empfinden wir die Bezeichnung des Massakers als “Holocaust” falsch. Ein Massaker ist ein Massaker, was schlimm genug ist. Aber der Holocaust ist der als Verwaltungsmassenmord organisierte Völkermord an den Juden. Durch die Falschbezeichnung wird der Verharmlosung der Verbrechen Nazideutschlands in beiden Fällen Vorschub geleistet.

Die Konzentration auf das Massaker von Kalavryta, ein Name, den in Griechenland jedes Schulkind kennt, verstellt den Blick auf ein weitaus größeres Gräuel: Griechenland wurde von Nazideutschland stärker ausgebeutet als jedes andere (west-?)europäische Land. Die deutsche Kriegsmaschinerie raubte aus dem Land, was zu holen war und noch mehr. So viel, dass es zu Hungersnöten kam. Und während völlig überzogene Racheaktionen für von Partisanen gefangengenommene und dann erschossene eigene Soldaten leider(!) in vielen Kriegen “Normalität” sind, ist es das Verhungernlassen der Bevölkerung zum Glück(!) nicht. Auch wenn es leider(!) vorkommt.

es gibt an der gedenkstätte eine kleine kapelle. die decke hängt voll mit ewigen lichtern, es gibt infohefte und -bücher zum kaufen und kerzen zum anzünden. eine kerze brennt schon, damit man daran seine eigene anzünden kann. ein paar andere stehen angebrannt, aber ausgepustet daneben. natürlich brennen von uns gleich zwei kerzen im ständer. aber als wir zehn minuten später noch mal in die kapelle schauen, sind alle kerzen verschwunden. wir glauben, daß der junge mann, der die ganze zeit herumläuft, aufsicht hält und ein tonbandgerät an- und ausschaltet, aus dem die geschichte des ortes ertönt, die kerzen weggenommen hat. er wird gesehen haben, woher wir kommen und ich kann mich des gedankens nicht erwehren, daß er nicht will, das wir als deutsche der toten gedenken. ich kann es verstehen, wenn an einem solchen ort die einheimischen der meinung sind, daß deutsche besucher besser den mund und die füße still halten. aber ich habe das gefühl, mir wird mit dem fortnehmen der kerze die chance genommen, um entschuldigung zu bitten, mein mitgefühl zu zeigen und mit dem anzünden der kerze und einem gebet zu versuchen, mit der mitschuld als deutsche staatsangehörige fertig zu werden. das macht mich besonders traurig.

Größtenteils schweigend, den Kloß “Kalavryta” im Hals, verlassen wir den Peloponnes.

Unser Schlafplatz zwischen dem Kanal von Korinth und Athen wartet mit einem eindrucksvollem Licht- und Farbenspiel auf.

Athen zum Dritten!

Fr-Di 11.-15. Mai

Womoreisegruppen

In Athen gönnen wir uns wieder einmal einen Campingplatz und somit den Luxus von Dusche, Waschmaschine und so weiter. Auch weil wir die Nächte, die wir beim letzten Athenbesuch am Straßenrand verbracht haben, (untertrieben gesagt) nicht wirklich gut geschlafen haben.

Nicht nur sauber, sondern porentief rein – und glücklich.

Während wir auf dem Platz sind, belegen zweimal große Womoreisegruppen von professionellen Reiseveranstaltern den Großteil des Platzes. Die Gruppenwomos stellen insgesamt die Mehrzahl der Womos, die im Laufe der vier Nächte mit uns auf dem Platz stehen.

Wir verstehen nicht ganz, was so viele Leute dazu bringt, zwar mit dem eigenen Wohnmobil nach Griechenland zu fahren, sich dann aber einer organisierten Tour anzuschließen, sich von Campingplatz zu Campingplatz lotsen zu lassen und an einem klassischen Pauschaltouristenprogramm mit Omnibusausflügen und Gruppenbesichtigungen teilzunehmen.

Ja sicher, einige der Wohnmobile sind so groß, dass man wirklich nicht wild stehen kann und auch auf jedem Campingplatz einen entsprechend großen XXL-Stellplatz vorbuchen muß. Aber mal ehrlich, dann kann ich auch eine normale Flug-Bus-Hotel-Pauschalrundreise buchen.

Naja, ein jeder Jeck ist anders!

Palästina Solidemos

Der “Große Marsch der Rückkehr” wurde nicht (wie man als deutscher Zeitunsleser vermuten könnte) von der Hamas, sondern von lokalen Aktivisten und Journalisten organisiert. Deren Planung für Kampagne ist Lehrbuchbeispiel für gewaltfreie Aktionen. Sechs Wochen lang sollte in Camps in etwa 700m Entfernung zu dem Zaun, der den Gazastreifen umschließt, demonstriert werden. Insbesondere an den Freitagen waren größere Aktionen geplant. Höhepunkt und Abschluß sollte der 15te Mai sein, an dem zehntausende Menschen sich an den Händen haltend friedlich auf den Gazazaun zugehen und ihn überklettern würden. Den Aktivisten war klar, dass sie damit rechnen mußten, dass die Israelische Armee scharf schießen würde. Aber die Lage der Menschen in Gaza ist verzweifelt. Und der politische Preis dafür hunderte gewaltfrei demonstrierende Menschen zu erschießen, würde hoffentlich zu hoch sein.

Der 15te Mai ist gut gewählt. Er wird von den Israelis als Tag der Staatsgründung gefeiert, während die Palästinenser als “Nakbah-Tag” begehen und der ethnischen Säuberung Palästinas im Jahr 1948 gedenken.

Dass Trump die US-Botschaft ausgerechnet einen Tag vorher nach Jerusalem verlegt, läßt auf eine ganz besondere Art diplomatischen Fingerspitzengefühls schließen.

Die Forderungen des “Goßen Marsches der Rückkehr” sind:

  1. Rückkehrrecht für die 1948 aus ihrer Heimat vertriebenen Palästinenser und ihrer Nachkommen zu den Orten ihrer alten Dörfer und Städte.
  2. Beendigung der Blockade des Gazastreifens.
  3. Keine Verlegung der US-Botschaft von Tel-Aviv nach Jerusalem.

Doch schon am 30ten März, dem ersten Aktionstag, läuft die Sache aus dem Ruder. Eine medienwirksame Minderheit vor allem jugendlicher Demonstranten zündet Autoreifen und schmeißt Steine. Die israelische Armee erschießt 19 Palästinenser, ohne das ein einziger Israeli (weder Soldat noch Zivilist) verletzt würde. Die Hamas, die sich bisher nicht um die Kampagne gekümmert hat, nutzt die Medienaufmerksamkeit für sich. Und der israelischen Armee gelingt es ihre unverhältnismäßige Gewaltanwendung in den Augen Vieler gerechtfertigt erscheinen zu lassen.

In den folgenen Wochen wiederholt sich diese Tragödie mehrmals, allerdings ohne so viele Tote an einem einzigen Tag.

Bina und ich befürchten für den 15ten Mai das Schlimmste und wollen unbedingt solidarisch vor der israelischen Botschaft in Athen demonstrieren.

Da wir kein Griechisch können, finden wir im Internet zunächst nur eine Motorraddemo einer kleinen anarchistischen Splittergruppe am Freitag, den 11ten Mai. Hier erfahren wir dann, wann und wo die Demos am 14ten und 15ten Mai stattfinden.

Auftakt der Palästina-Solidaritäts-Motorrad-Demo am 11ten Mai.

Die Kundgebung am 14ten Mai findet vor dem griechischen Außenministerium statt und ist leider fast genauso klein, wie die Motorraddemo am 11ten.

Dafür ziehen auf der Demo am 15ten Mai über 1.000 Menschen von der US-amerikanischen zur israelischen Botschaft. Die Tatsache, dass am Tag zuvor mindestens 60 Palästinenser getötet und etwa 2.700 verwundet wurden, hat wohl mobilisierend gewirkt. Die israelische Armee hat an diesem Tag übrigens ihren ersten und einzigen leicht verwundeten Soldaten während der gesamten Kampagne zu beklagen.

Über 1.000 Menschen ziehen von der US- zur israelischen Botschaft.

Die griechische Polizei agiert taktisch äußerst geschickt und professionell. Auf dem Demonstrationsweg hält sie sich fast vollkommen zurück. Nur einige Motorradpolizisten zur Verkehrsregelung sind zu sehen. Und das, obwohl einige Demonstranten vermummt und ihre Fahnen bisweilen nur schlecht getarnte Knüppel sind. Erst direkt vor der israelischen Botschaft ist die Straße abgesperrt. Aber nicht mit Polizeiketten, sondern mit alten vergitterten Bussen. Nur ganz links und rechts auf dem Bürgersteig ist jeweils ein Dutzend Bereitschaftspolizisten zu sehen.

Die Polizei duldet sogar, dass die Busse, mit denen die Botschaft abgesperrt ist, erklettert werden. Michel ist gerne behilflich.
Erst nach einiger Zeit zieht Bereitschaftspolizei auf und fordert die Busbesetzer auf runter zu kommen.
Viele Fahnen sind nur schlecht getarnte Knüppel.

In dem Moment, wo die Demo beginnt wieder abzuziehen, fliegen plötzlich Steine. Wir rechnen mit einer Eskalation. Aber die Polizeikette, die inzwischen vor den Bussen steht, zieht sich einfach schnell hinter die Busse zurück. Lieber ein paar Beulen in den alten Bussen, als einen Stein am Kopf! Die Organisatoren fordern die Leute auf abzuziehen. Die große Masse tut dies auch geordnet. Und sobald den Jugendlichen die Menge fehlt, aus denen sie agieren können, hören sie auf und ziehen auch ab. Die große Eskalation, die es in einer solchen Situation in Deutschland garantiert gegeben hätte, bleibt aus.

Wir sind von der griechischen Polizei und der Demoleitung schwer beeindruckt. Davon können wir in Deutschland wirklich etwas lernen!

Alles andere als beeindruckt sind wir von der deutschen und internationalen Presse zum “Großen Marsch der Rückkehr” am Gazazaun. Die beste Kommentar kommt tatsächlich von der Satireseite Der Postillon: “Faustregel: Wenn es auf Seiten der Demonstranten 60 Tote und weit über 2000 Verletzte gibt, auf Ihrer Seite jedoch keine Verluste zu beklagen sind, dann könnte das ein Zeichen sein, dass Ihr Abzugsfinger womöglich zu locker war.”

Als Hintergrundinformation empfehlen wir folgenden Artikel auf der Hompage von Medico International:“ Eskalation mit Ansage: Die Eskalation an der Grenze zu Israel verdeckt die legitimen Ziele der Protestierenden. Davon profitieren vor allem die israelische Regierung und die Hamas…”

Dort ist auch zu lesen, was unsere Freunde von YAS in Hebron gemacht haben: “Als eine Insel der Vernunft erwies sich der kleine Hügel im israelisch kontrollierten Teil Hebrons, auf dem die palästinensische Organisation Youth Against Settlements (YAS) ihr Zentrum hat. In unmittelbarer Nachbarschaft zu radikalen Siedlern organisierte Breaking the Silence dort mit YAS einen Sederabend zum Pessachfest, bei dem palästinensische Aktivist*innen demonstrativ jüdische Besatzungsgegner*innen zu Gast hatten. “

Hier  Artikel von Medico zur  Sicherheit  als PDF: Medico Hintergrund Gaza

Sokrates, pakistanisch Essen und so

Obwohl wir das klassische Touristenprogramm schon bei unserem ersten Besuch absolviert haben, wird uns in Athen nicht langweilig.

Zum Essen gehen wir immer in ein kleines pakistanisch, indisch, bangladesisches Viertel, in dem wir meist die einzigen Europäer sind.

Komplettes Menue für 2€. Beschallung mit Bollywoodvideoclips inklusive.

Wir sind wieder in “unserem” irischen Pub, besuchen den queeren Stammtisch, bei dem wir schon im letzen Monat waren und eine queere Theater-Kunst-Performance in einer wirklich coolen Theater-Kunst-wasauchimmer?-Bar.

Mein persönlichr Höhepunkt ist die Besichtigung der Ruinenreste des Lyckeion des Aristoteles und der Akademie des Platon im ehemaligen antiken Stadtteil Acedemia. Hier, genau hier haben die oben genannten, viele andere und vor allem Sokrates gewirkt. Ich komme mir vor wie ein Pilger. So wie Juden, Christen und Muslime nach Jerusalem, Rom und Mekka pilgern, fühle ich mich hierher gepilgert zu Sokrates, dem Märtyrer des kritischen Denkens und Hinterfragens.

Viel ist am alten Gymnasion in Academia nicht mehr zu sehen. Trotzdem sieht Michel vor seinem inneren Auge Sokrates vor sich wandeln.