Sa. 27. Jan 2018
Wir wissen nicht, wie groß es in Deutschland in den Nachrichten war, aber hier waren es Topschlagzeilen: Israel hat demletzt eine schwarze Liste von 20 Organisationen veröffentlicht, deren Mitglieder nicht mehr einreisen dürfen, weil die betreffenden Organisationen die BDS-Kampagne unterstützen. Das ist die Boykottkampagne gegen die Israelischen Siedlungen (und zum Teil auch Israel) mit der erreicht werden soll, dass Israel die Siedlungen in der Westbank räumt, die betreffenden UN-Resolutionen umsetz und sich an das Völkerrecht hält.
Zwei Organisationen auf dieser Liste, sind die Quäker und Code Pink.
Die Quäker sind die kleine pazifistische Religionsgemeinschaft, die nach dem 2. Weltkrieg die Carepakete für uns Deutsche organisiert haben, die unmittelbar vorher viele Juden gerettet haben, weshalb sie in der israelischen Holocaustgedenkstätte Yad Vashem als “Gerechte unter den Völkern” geehrt werden, und die als erste in den USA die Sklaverei abgeschafft und keinen, der sich bis zu ihnen durchgeschlagen hatte, wieder rausgerückt haben. – Tja, und jetzt engagieren sie sich gegen die Apartheid und die schleichende ethnische Säuberung im Westjordanland.
Code Pink ist eine frauengeführte Friedens- und Menschenrechtsbewegung und einer der Hauptträger der BDS-Kampagne in den USA. Sie haben drei ihrer einschlägig bekannten AktivistInnen nach Israel/Palästina geschickt, um rauszufinden ob sie wirklich nicht reinkommen. – Sie kamen rein. Und wo sie schon mal da sind, organisieren sie zusammen mit YAS eine kleine Demo vor dem zum Teil von Siedlern besetzten Haus in Hebron (das wir hier ja schon vorgestellt haben).
Wir sind knapp zwei Dutzend Demonstranten: Internationale, Israelis aus Tel-Aviv und Palästinenser aus Hebron. Wir gehen in zwei Gruppen und mit kleinen Umwegen zu dem Haus, wo wir Plakate hochhalten, Parolen (vor allem auf Englisch) rufen und “We shall overcome…” singen. – Ja, das alte Lied gibt es noch. Auf Demos in Deutschland kann ich es nicht ausstehen, weil ich es dort als weinerlich und schwächlich empfinde. Aber hier passt es tatsächlich hin. Hier, im Angesicht der waffenstarrenden israelischen Soldaten und der religiös-rassistischen Siedler, hat es Stärke.
auf dem weg zum haus unterhalte ich mich mit einem der israelis aus tel aviv. er stellt mir üblichen fragen: wie sind wir her gekommen, wer sind wir überhaupt und wie finden wir es hier?
dann erzählt er mir ein bischen von seinem weg zum aktivisten. Er findet es absolut erschreckend, daß er sich immer noch unwohl fühlt, wenn er sich in palästinensischen gebieten aufhält und das er dieses gefühl nicht abstellen kann. Er schämt sich dafür, aber kriegt das nicht weg. dabei hat er hier mittlerweile freunde und ist reglmäßig in palästina. so gut funktioniert die gehirnwäsche in jedem bereich des lebens in israel.
Die Soldaten brauchen fast 15 Minuten, bis sie genug Verstärkung haben, was ich angesichts der Militärpräsenz in der Geisterstadt Hebrons erstaunlich lange finde. Kurz bevor sie aktiv eingreifen können, um uns abzudrängen oder festzusetzen, gehen wir von uns aus los.
Wir gehen zügig zur Apartheid-Street und ziehen uns hinter den Trennzaun zurück. Selbiger wird umgehend durch die Armee abgeschlossen.
Kurz danach merken die Soldaten, dass sie weniger uns eingeschlossen haben, sondern mehr sich ausgeschlossen. Durch den Zaun hindurch können sie uns schlecht am Demonstrieren hindern. Auch ihr Versuch die Personalien und Pässe der Internationalen zu bekommen bleibt erfolglos. – Als sie den Zaun wieder aufschließen, um die Pässe der Internationalen zu bekommen, machen wir uns auf Ansage der Palästinenser aus dem Staub. – Zweimal in der Kasbah um die Ecke, schnell durch einen Gang, eine paar Treppen hoch, über einen Hinterhof, durch einige aufgehaltene Türen. Weg sind wir!
Als die Luft wieder rein ist, verlassen wir das Gebiet, wobei wir israelische Checkpoints und Soldaten in einem etwas größeren Umweg erfolgreich umgehen. – Deutlich schwieriger, als die Israelischen Soldaten zu umgehen, war es, die Mutter der Familie, die uns spontan versteckt hatte davon zu überzeugen, uns ziehen zu lassen, ohne uns vorher noch mit Tee und Gebäck bewirtet zu haben.
Für uns Beide bildet die Aktion einen befriedigenden Abschluß unserer Wochen in Hebron. Auch wenn die Kommunikation und Abstimmung vor und während der Aktion für uns (milde gesagt) gewöhnungsbedürftig sind. Das kennen wir aus Deutschland anders. – Aber dieser Blog ist nicht der Ort, um das auszubreiten.
Wir versabschieden uns von Issa Amro und den anderen Aktivisten von “Youth against Settlements”. Auch einigen anderen Menschen, die uns in Hebron ans Herz gewachsen sind, sagen wir “Lebewohl” und versprechen allen: “We’ll be back!”
Bei Sonnenuntergang starten wir den Bulli und fahren über Jerusalem und Tel Aviv bis zu einer Bucht kurz vor Haifa, wo wir Bulli auf den Strand stellen und übernachten.