Sightseeing in Hebron

Mo. 18.12.17

Morgens früh ab 7 Uhr begleiten wir den Hinweg der Schulkinder in Absprache mit EAPPI am Checkpoint 56 (wo gestern der Vorfall mit der Ambulanz war), und ab 10 Uhr ihren Rückweg am Checkpoint 55 (der mit der Treppe, wo gestern der Vorfall mit den Siedlerkindern und ihrem Vater war). Daß so früh Schulschluß ist liegt daran, dass in Palästina gerade Prüfungszeit ist, so dass die Schüler nur zum Schreiben der Prüfungen kommen und dann wieder nach Hause gehen.

Es ist alles ruhig. Keine Vorfälle. Es bleibt uns lediglich, die durch die Checkpoints gehenden Kinder zu zählen. Denn die israelische Armee hat einen neuen Checkpoint mit Käfig und Metalldetektor eingerichtet, so dass ein Teil der Grundschulkinder jetzt auf sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg durch jeweils zwei solcher Käfig-Metalldetektor-Checkpoints muß. Inklusive im Käfig den Ausweis den hinter Panzerglas sitzenden Soldaten vorzeigen. Und die UN hat EAPPI gebeten zu zählen, wie viele Kinder davon betroffen sind.

Da es ruhig bleibt, haben wir Zeit und Muße, uns in Ruhe umzusehen, wobei uns auffällt, wie schön viele der Häuser eigentlich sind, oder mal waren.

Leerstehendes Haus. Man beachte die Fensterbögen, die Ornamente der Gitter, die Lampe…
Grundschülerinnen auf dem Nachhauseweg, vom Checkpoint 55 aus gesehen. Einige wohnen in dieser Straße oder der nächsten Seitenstraße, der Rest muß noch durch Checkpoint 56.
Zwischendrin kommen zwei Siedler aus dem Haus, bewirten die Soldaten am Checkpoint mit Cola und Erdnußflips und quatschen mit ihnen.
Handschlag. Ein trügerisches Bild…

Ein älterer Palästinenser, der mit seiner Familie die Treppe runterkommt, unterhält sich am Checkpoint mit einem der Chefs der Siedler. Zum Abschied geben sie sich die Hand. Doch das Bild trügt. Als wir den älteren Palästinenser am Abend wiedertreffen, wie er vor seinem Haus sitzt, bekommen wir die Verbitterung, die Frustration und den Druck mit, der auf ihm lastet. Bezeichnend ist seine Aussage, „Nelson Mandela kam nach 27 Jahren aus dem Gefängnis frei und hat die Apartheid überwunden. Ich lebe nach 50 Jahren immer noch unter Apartheid in diesem Käfig, der immer enger wird.“ Der Mann ist der Willkür der Siedler und Soldaten jeden Tag ausgesetzt. Da stellt er sich besser gut mit den Besatzern. – Ein Handschlag ist hier nicht das Gleiche, wie bei uns.

Als die Schulkinder und ihre Lehrerinnen durch sind, gibt uns eine internationale Beobachterin, die schon länger da ist und sich gut auskennt, eine Tour durch die sterile Zone, von der ich hier zwei „Sehenswürdigkeiten“ wiedergeben will.

Das zum Teil besetzte Haus.

Die obere und untere Etage dieses palästinensischen Hauses haben Siedler illegal besetzt. In der mittleren Etage wohnen noch Palästinenser. Zwar hat inzwischen ein israelisches Gericht eine Räumungsverfügung für die Siedler ausgesprochen, doch diese weigern sich auszuziehen, wenn sie kein anderes Haus als „Entschädigung“ bekommen. Die israelische Armee hat einen Checkpoint eingerichtet, und kontrolliert den Zugang zum Haus. Siedler dürfen ohne Kontrolle hinein, die dort noch wohnende Familie und Menschen mit Sondergenehmigung der Armee  (keine Ahnung, wer das ist) mit Kontrolle.

Das untere Ende der sogenannten „Apartheidroad“.
Das obere Ende der sogenannten „Apartheidroad“.

Palästinenser dürfen diese kurze Asphaltstraße nicht betreten, sondern müssen hinter dem Zaun auf dem Seitenstreifen gehen. Nach kaum 200m treffen sie dann am anderen Ende der Straße wieder mit den privilegierten Asphaltgehern zusammen. Ob das einen über Demütigung hinausgehenden Sinn hat, bleibt uns verborgen.

Die Straße wird bei den Internationalen hier allgemein „Apartheidsstraße“ genannt, egal über welche Organisation sie hier sind, kirchlich oder säkular, NGO oder UN. Aber offiziell gegenüber Delegationen, der Presse und so dürfen die kirchlichen und UN Leute das Wort verwenden.

Mal wieder ein Checkpoint. Keine Ahnung, durch wieviele Checkpoints wir heute gegangen sind.

Ein Gruß von Zuhause:

Unserem Kater Jack und Haus- und Katzensitterin S… verstehen sich offensichtlich gut. Hoffentlich will Jack überhaupt noch was von uns wissen, wenn wir wieder nach Hause kommen.