22. Mittwoch:
wir stehen mit bulli am straßenrand vor der mauer, haben hervorragend geschlafen und sitzen grad gemütlichst beim frühstück mit tee, pitta, hummus und michels geliebtem israelischen schokoaufstrich. um uns läuft zu dieser frühen stunde schon die erste busladung chinesischer touristen herum und besichtigen diesen teil der mauer.
und dann entdecken sie uns!
der erste lacht und grüßt nur, die zweite bemerkt, daß wir in einem kleinen wohnmobil sitzen, der dritte hat zwar keinen kontrabass, aber eine kamera und fotographiert uns. und dann wollen alle ein foto. wir sollen die vorhänge beiseite schieben, die fenster aufmachen, uns vor- und zurücksetzen der perspektive wegen, es wird in den bulli, durch bulli hindurch die mauer geknipst, was das zeug hält.
ich nehme einen schluck tee aus meiner schale, das wollen sie auch ablichten und zwar alle! und bitte noch mal mit dem handy und ein drittes mal mit dem tablet.
leider ist unsere kamera grad hinten beim aufladen, daher können wir uns nur mit dem handy ‚zurückschießen‘. aber wir alle haben spaß. die chinesen bedanken sich immer wieder aufs allerhöflichste und ziehen lachend von dannen.
was war dann denn bitte!!!!


nach dem frühstück schauen auch wir uns die mauer an. neben der mauer selbst gibt großartige graffiti und eine ganze reihe von plakaten mit texten zur besatzung, zur lebenssituation der palästinenser zu besichtigen. eines der plakate erzählt davon, dass das ein bestimmtes tor in der mauer sich nur einmal im jahr, am heiligen abend für den lateinischen patriarchen von jerusalem öffnet. sozusagen das letzte türchen vom adventskalender, nur einmal im jahr und nur für ihn. niemand darf es sonst benutzen.


und dann das haus, das von drei seiten eingemauert ist. darin befinden sich zwei souvenierläden und die bewohner dürfen nur mit sondergenehmigung der israelischen armee aufs dach.
Ursprünglich wollte die Armee das Haus abreißen, und hat die Familie darin 40 Tage und Nächte belagert. Aber sie haben durchgehalten und haben jetzt ein Haus mit unverbaubarem Blick auf die Mauer.

auf der anderen seite der mauer befindet sich das grab der rahel, ein wichtiger pilgerort für frauen mit kinderwunsch.
Das Grab der Rahel liegt in Betlehem und das Gebäude darüber ist sowohl Moschee, als auch Synagoge. Genau genommen war es in den letzten Jahrhunderten im wesentlichen eine Moschee. Aber damit die jüdischen Gläubigen ungestört beten können, hat Israel die Straße vom Stadtrand zum Grab der Rahel links und rechts mit einer Sperrmauer versehen und eine Sackgasse geschaffen an deren Ende das Grab, ein Militärposten und ein Pilgerparkplatz liegen. (Die Bilder hierzu kommen unten).
an einem original von banksy kommen wir auch vorbei. gegenüber dieser taube, direkt in schußrichtung, steht ein bemannter wachturm der israelischen armee. was sich die soldaten wohl denken, wenn sie jeden tag darauf schauen müssen?

das ist das geniale an banksys bildern. sie haben nie nur eine betrachtungsebene. es gibt immer etwas, für das man ‚um die ecke denken‘ muß und was entdeckt werden will.
z.b. das mädchen, das den soldaten filzt (wer mich kennt, hat mich das t-shirt mit dem bild schon tragen gesehen – das original ist übrigens auch in betlehem), ist nicht irgendein mädchen, sondern eine figur aus dem ‚zauberer von oz‘. damit führt er eine für palästinender alltägliche situation noch mal auf ganz besondere weise ad absurdum und erhöht damit die kritik an der besatzung.
das walled off-hotel gehört auch dazu. nur in dreidimensional.
Im Gegensatz zu den Palästinensern können wir ganz einfach durch die Mauer auf die andere Seite gelangen. Zehn Minuten am Checkpoint anstehen, deutsche Pässe zeigen und durchgewunken werden.
auf der anderen seite wollen wir uns noch das grab der rahel anschauen. nicht, weil ich unbedingt noch kinder haben will, sondern weil es exakt auf der anderen seite der mauer ist, die wir uns angeschaut haben.
wir müssen durch einen checkpoint hindurch, an dem wir gefragt werden, ob wir moslime sind. die dürfen da nämlich nicht hin. dabei war dieser pilgerort vor jahren … eine moschee!!! die straße ist rechts und links eingemauert. wir können den dachfirst vom walled-off hotel sehen und die wassertonnen von dem haus mit den souvenierläden.

vor der stätte wimmelt es von pilgern, jung und alt. frauen und männer haben verschiedene eingänge und verschiedene bereiche am grab. bei den frauen wird einerseits am grab intensiv gebetet, im vorraum aber kaffee getrunken und geplaudert.
Bei den Männern auf der anderen Seite der Abtrennung geht es deutlich inbrünstiger zu. Alles ist tief ins Gebet versunken. Mir wird bei all diesen im Gebet vor und zurück wippenden Männern fast schwummerig. Und ich kann nicht widerstehen sie heimlich zu photogaphieren.

Anschließend fahren wir zu unserem Stammparkpatz in Jerusalem und treffen am Abend C… im AIC-Büro. N…, der hauptamtliche Mitarbeiter im Betlehemer AIC-Büro, ist hier übrigens noch nie gewesen, obwohl es nur 7km und eine Mauer von seinem Büro entfernt liegt. C… ist hoch erfreut uns wiederzusehen und will uns in den nächsten Tagen weiter vermitteln. (Wohin und warum erklären wir, wenn es soweit ist.)