Dienstag, 21.11.2017
wir haben die letzte woche mehrfach versucht, kontakt zum ‚alternative information center‘ (dem ‚aic‘) in jerusalem aufzunehmen. aber das kleine büro war immer geschlossen und telefonisch war niemand zu erreichen.
wir sind erstaunt darüber. vor sechs jahren hatte das ‚aic‘ noch große räume, in denen etliche leute regelmäßig arbeiteten. vor einiger zeit hatte israel europäische staaten beschuldigt, pro-palästinensische ngo’s finanziell zu unterstützen und damit den israelischen staat zu untergraben. wahrscheinlich ist das ‚aic‘ ein opfer davon.
also fahren wir nach bethlehem, das dortige büro suchen. bethlehem liegt vor den toren jerusalems und ist doch eine andere welt. als erstes stößt man auf dies hier:
Die Entfernungen hier sind nicht weit. Vom Jaffator der Jerusalemer Altstadt zum Tor in der Sperrmauer bei Betlehem sind es gerade einmal 5km.
die soldatin am checkpoint will wissen, woher wir kommen, wohin wir wollen und schaut in die pässe. die straßen werden schlechter, überall liegt müll herum. die häuser befinden sich oft in einem zustand zwischen rohbau und ruine. was fehlt, sind fertige häuser. es fängt massiv an zu regnen (das liegt aber an petrus und nicht an der besatzung palästinas) und das wasser spült in bächen den staub die straßen hinunter.
die suche nach dem aic-büro ist schwierig. die adresse auf der homepage gibt es nicht, straßen haben oft gar keine namen und wenn wir fragen, stimmt die wegbeschreibung nicht unbedingt. aber beim büro des geldwechslers haben wir glück, er weist uns den weg. und im büro begrüßt uns ‚n…‘ herzlich. er kontaktiert sofort ‚c…‘ vom aic-jerusalem, die wir noch von unserer reise ins heilige land im jahr 2011 kennen. Und ‚c…‘ verabredet sich morgen abend mit uns. dann läßt ‚n…‘ noch einen freund kommen, der uns hilft, eine neue gasflasche für bulli zu besorgen, die nach 3 1/2 monaten täglichem gebrauch leer ist.
Dass in Bethlehem alles außer der Geburtskirche so schwer zu finden ist, hat System. Israel hat immer noch die Kontrolle über die Straßennamen und Straßenschilder. Und da die Palästinenser aus israelischer Sicht quasi nicht existieren, gibt es für sie auch keine Straßennamen. In Ostjerusalem ist es das Gleiche wie in der Westbank. Nur die Straßen der Siedler haben Namen und die Straßen, die in den Ballungsgebieten liegen, in denen die palästinensische Autonomiebehörde die volle Kontrolle hat (Area „A“) haben Namen. Diese „A“-Zonen liegen wie ein Archipel von Inseln verstreut in der israelisch kontrollierten Westbank (Area „C“). – Der ungläubige Leser kann sich ja einfach einmal West- und Ostjerusalem auf Google-Maps ansehen.
Und es gibt noch etwas, woran man arabische Dörfer im israelischen Kernland, arabische Stadtteile in Jerusalem und alles, was keine Siedlung ist, in der Wesbank erkennt: die großen Wassertanks. Die Israelis haben kleine weiße Wassertanks aus Metall auf dem Dach. Die Palästinenser haben deutlich größere schwarze Wassertanks aus Plastik auf dem Dach. Sie fassen etwa das zehnfache der israelischen Tanks. Denn immer, wenn das Wasser knapp wird, wird den Palästinensern das Wasser abgedreht. Und das ist hier jeden Sommer der Fall. Dass die Tanks aus Plastik und nicht aus Metall sind, hat den Grund, dass man Plastiktanks einfacher flicken kann, wenn Soldaten oder Siedler Löcher hineinschießen.
abends gönnen wir uns dann einen guten tee im walled off – hotel:
dies hotel ist von banksy gestaltet worden, einem großartigen links-politisch ambitionierten graffiti-künstler aus england, der schon seit jahren die sperrmauermauer oder die wände in flüchtlingslagern besprüht und mittlerweile sehr bekannt ist.
es gibt eine schöne geschichte, (ich weiß nicht mehr, in welcher deutschen zeitung ich sie gelesen habe): er hatte in einem flüchtlingslager eine wand gestaltet. der besitzer und bewohner des hauses hat die wand herausgetrennt und das bild für sehr, sehr viel geld verkauft. davon konnte er sich und seiner familie ein großes, gutes haus bauen und seine kinder zur schule schicken. das war durchaus in banksys sinnne.
er arbeitet schon lange künstlerisch gegen die besatzung und hat aus diesem haus, das direkt an der mauer steht, mit anderen künstlern aus palästina ein hotel gemacht. jedes zimmer ist von einem anderen künstler gestaltet. es ist offen für alle, hat 50 mitarbeiter und eine hervorragende ausstellung zum thema mauer und besatzung. es ist ein kreatives gegenstück zum oft bedrückenden, schwierigen leben in der westbank und soll ein anfang von noch weiteren kreativen ansätzen sein. touristen sollen auf die umstände der westbank aufmerksam gemacht und informiert werden. und es ist ausgebucht. aber wir werden irgendwann noch mal eine nacht hier schlafen. das muß sein.
Doch heute schlafen wir im Bulli an der Mauer (gut bewacht vom israelischen Militär). Hier noch ein paar Photos aus dem Walled-Off Hotel: