Fr. 29.Dez.
Die Freitagsdemo geht (wie üblich) am Ibn Rushd-Square los. Diesmal sehen wir nur Palästina-Fahnen und ein paar einzelne von der Fatah. Nach einem gemeinsamen öffentlichen Freitagsgebet, das wir höflich am Rand abwarten, geht es (wie üblich) die Hauptstraße einen Kilometer weit zum Checkpoint runter. Dort löst sich die Demo auf und die Jugendlichen schmeißen Steine (wie üblich).
Wir ziehen uns zusammen mit TIPH (den offiziellen UN-Beobachtern) ins oberste Stockwerk eines höheren Hauses zurück, wo wir einen Logenplatz haben.


Auch uns hat sie schon gefilmt. Als wir an Chekpoint 55 standen. Und der Soldat am Checkpoint hatte sich viel Zeit gelassen und unsere Pässe schön hoch gehalten, damit sie auch ja alles drauf kriegt.
Die Jugendlichen sind heute zahlreicher, aggressiver und mutiger als letzte Woche. Die Soldaten werfen Soundgranaten halbdutzendweise und müssen wortwörtlich kistenweise Nachschub auf’s Dach schleppen.



Wir befinden uns in H1, also dem Teil von Hebron, der theoretisch komplett unter Kontrolle der palästinensischen Autonomiebehörde steht und den die israelische Armee offiziell gar nicht betreten darf.

Die Presse wird nach und nach abgedrängt. Leider habe ich zu spät abgedrückt, als ein Soldat einen Kameramann, der nicht schnell genug weg ging, getreten hat. (So richtig Chuck Norris mäßig!) Wir setzen uns seitlich auf einen Treppenabsatz und tun so, als ginge uns das alles nichts an. Bald sind wir alleine auf diesem Straßenstück. Manchmal betreten Bewohner der umliegenden Häuser das Straßenstück und wollen raus oder nach Hause. Wir haben das Gefühl, ein gewisser Schutz für sie zu sein.


Nachdem sie das Viertel eine dreiviertel Stunde lang besetzt haben, ziehen die Soldaten sich wieder zurück. Und ehe wir es uns versehen, ist das normale Leben wieder da. Die Marktstände öffnen, die Marktschreier rufen, die Kunden kaufen und die Autos stehen hupend im Stau. Die Geschwindigkeit, mit der das pralle Leben zurückkommt, ist fast noch unheimlicher als die Stille des besetzten Viertels. – „Normalität“ ist eben das, was im Leben der Menschen „normal“ ist!
