Olymp – der Götterberg

Fr-So 18.-20. Mai

nun gehts hinauf, die götter besuchen. wir mogeln ein bischen und fahren die ersten 1000 höhenmeter mit bulli. rucksackpacken ist schon ein bischen routine. alles wird bereitgelegt, dann packt jeder systematisch seine taschen, während sich der andere schon mal anzieht. noch mal nachfragen: ist dies und jenes dabei (diesmal ist die kleine flasche methaxa besonders wichtig)… und los.

“Der Berg ruft!“ – Der Olymp von Litochoro gesehen.

Flächenmäßig ist der Olymp mit seinen 25 mal 30 Kilometern ein kleines Gebirge, das nur einen Bruchteil der Fläche des Harzes bedeckt. Aber auf dieser kleinen Fläche erreicht er von Meereshöhe fast die Höhe der Zugspitze. Der 2918 Meter hohe Mytikos liegt nur 18 Kilometer vom Meer entfernt. Seine wirkliche Größe liegt natürlich nicht in seiner Mythologischie als Wohnstatt der griechischen Götter. – Ich empfinde es übrigens nicht als Schummelei, mit dem Bulli zum Wanderparkplatz auf etwa 1.000 Metern zu fahren. Erstens machen das alle anderen Bergwanderer, die wir getroffen haben, auch so. Zweitens besteigt man die Zugspitze und andere Berge ja auch nicht ab Meereshöhe.

Der Aufstieg auf 2.000m geht durch saftig grünen Wald, über dessen Schatten wir uns freuen.
Kurz unterhalb von 2.000m sind die ersten Schneefelder zu queren.

die frau im laden hatte recht. grödeln sind nicht nötig. irgendwann hören wir von ferne hundegebell und stimmengemurmel. eine maultierkaravane kommt uns entgegen, der wald wird schon lichter und dann sind wir an der hütte. ich bin ehrlich erschöpft. diese endlose steigung, immer wieder mit stufen versehen, macht mich fertig. ein hoch auf wanderstöcke!!!!!

bei bier, einer anständigen bohnensuppe und netten gesprächen mit anderen wandersleuten vergeht der nachmittag. auf der hütte geht es quirlig zu. kein wunder, denn unsere route ist die beliebteste am olymp. die hüttenwirtin spricht hervorragend deutsch, unsere alpenvereinspässe von letztem jahr werden akzeptiert und es haben auch zwei wanderer abgesagt, wir können unsere betten wie erwartet für zwei nächte behalten. wie schön, dann wandern wir morgen mit leichtem gepäck.

Man merkt der Hütte wirklich an, dass der griechische Bergwanderverein stark von den Alpenvereinen DAV und ÖAV ispiriert und geprägt ist. Dass die Hüttenwirtin deutsche Muttersprachlerin ist, ist da nur das Tüpfelchen auf dem “i”.

Morgenstimmung auf der Terasse der Berghütte – mit Meerblick.
Bina ist beim Frühstück noch nicht ganz wach,…
… wohingegen Michel schon voller Vorfreude ist.

meine beine sind erstaunlich fit und frohgemut laufe ich los. in sechs bis sieben stunden wollen wir wieder zurück sein. es läuft sich schwerer als ich dachte. der weg ist gut angelegt, geht immer bergauf. mein knie hält und auch von meinem verknacksten fuß merke ich nichts. aber die lungen!!! ich keuche wie eine asthmatische lokomotive. die vielen höhenmeter haben mir auf der zugspitze vorletztes jahr nicht so viel ausgemacht. aber da war ich auch mit dem klettersteig beschäftigt.

Kurz unterhalb der Baumgrenze und über den Wolken.
Eine beeindruckende Landschaft und ein nicht enden wollender Weg.

aber dann erreichen wir doch skala, einen nebengipfel. es weht ein eisiger wind. und der blick rüber zum hauptgipfel deutet uns, daß es noch mal richtig schwer würde. da fällt sie entscheidung leicht. wir gehen nicht zum gipfel. der methaxa wird geopfert, wir machen eine anständige pause und gehen langsam zurück.

Michel und bina auf dem etwa 2880 hohen Skala. Im Hintergrund Mythikos.

Uns war klar, dass der Olymp ein absolut ernst zu nehmender Berg ist, aber mit diesem steifen, eiskaltgen Wind hier oben haben wir nicht gerechnet. Auch die Profibergführer führen ihre Touren heute nicht auf den höchsten Gipfel, den Mythikos. Jedes Jahr verunglücken auf dem Olymp mehrere Menschen tödlich. Und vielleicht soll man Göttern ja auch einfach nicht zu nahe kommen.

Der Hüttenhund begleitet die Wanderer jeden Tag mit auf den Berg.

überhaupt der hüttenköter. liegt auf der terasse als verkehrsinsel, läßt sich füttern, kraulen, freut sich über jeden neuankömmling und spielt jeden tag an der skala yeti. leider bellt er auch die dohlen an, was die wirtin überhaupt nicht toll findet.

Die Hütte mit 110 Schlafplätzen wird nur mit dieser Maultier-Karavane versorgt. Was für eine Logistik!

am nächsten morgen spüre ich meine beine richtig! ich weiß gar nicht, wie ich die treppe zu den waschräumen hinunter kommen soll, geschweige denn mich zum pinkeln hinhocken. die hütte hat nur hocketoiletten, wie wir sie aus dem nahen osten kennen. okay, sie sind leicht zu reinigen, aber sie beinmüden wanderern bereit zu stellen, grenzt an sadismus! schön langsam gehen wir wieder bergab zu bulli, der wohlbehalten auf uns wartet.

Zwischen Frühstück und dem Abstieg ins Tal komme ich noch mit einem Pärchen aus den USA ins Gespräch. Sie sind beide Ärzte und arbeiten in ihrem Urlaub ehrenamtlich in einer Krankenstation für Flüchtlinge in Thessaloniki, wofür vor allem er hervorragend geeignet ist, weil er irakischer Abstammung ist und somit Arabisch spricht. Auf meine Frage, wie es für ihn war, dass im Bett unter ihm ein Israeli geschlafen hat (der übrigens als Einziger seinen Müll nicht wieder mit ins Tal genommen hat), antwortet er: “Ach, wenigstens ist er in seinem eigenen Bett geblieben und hat nicht angefangen, auch noch meins zu besetzten” – Bina brach noch Stunden später beim Wandern immer wieder in prustendes Lachen über diese Antwort aus.

Über und in das Tzoumerka-Gebirge

Mo 21. Mai 2018

Nachdem wir gestern noch vom Olymp zum Tzoumerka-Gebirge gefahren sind, geht es heute über die uns vom September letzten Jahres bekannte Nebenstrecke über den Hauptkamm des Gebirges. Wir wollen wieder zu Nikos Campingplatz an die Plaka-Brücke, die den Arachthos überspannt.

Der Weg schraubt sich auf über 2.000m den Berg hoch. Wir sind beeindruckt, was hier im Winter oder Frühling an Steinschlägen und Erdrutschen stattgefunden hat.

Diese Brocken lagen im September noch nicht hier!

Bis zum Hauptkamm des Gebirges fahren wir durch dichte Wolken. Dann wechselt das Wetter von einem Meter auf den nächsten auf Sonnenschein.

Die Wolken fließen über den Hauptkamm, fallen ein kleines Stück ins Tal ab und lösen sich immer entlang der gleichen Linie auf.
Wir sind von dem Schauspiel so fasziniert, dass wir Bulli abparken, Wasser aufsetzen und gemütlich Tee trinken.
Wir unterlegen das Naturschauspiel mit Barockmusik. Wagener würde auch passen, haben wir aber leider nicht dabei.

Auf halben Weg ins Tal halten besuchen wir wieder das Kipina Kloster. Genau wie im September holen wir den Klosterschlüssel im Kafeneion des Dorfes unterhalb des Klosters ab.

Das kleine Kloster klebt so unzugänglich in einer hohen Felswand und ist durch seine Zugbrücke so uneinnehmbar, dass es tatsächlich nie ausgeraubt oder erobert wurde.

Im September hatten wir versucht, die Höhle hinter dem Kloster, in die sich die Mönche im Ernstfall hätten flüchten können, mit Sandalen und normalen Handtaschenlampen zu erobern. Diesmal sind wir klüger und besser ausgestattet. Folgerichtig gelingt es uns, wesentlich weiter in die Höhle vorzudringen, als damals. Aber den Fluchtraum der Mönche, tief im Berg am Ende der Höhle erreichen wir nicht. – Dazu fehlt uns die Erfahrung im Höhlenklettern oder ersatzweise das den Mönchen eigene Gottvertrauen.

Im September war dieser kleine Höhlensee ausgetrocknet.
Auf diesem Bild fehlt jede Bezugsgröße, so dass man kein Gefühl dafür hat, wie groß das abgebildete ist. – Es ist eine Gabelung des Höhlenganges. Rechts kann man aufrecht weitergehen. Links muß man etwa 1,5m runterklettern, wonach es dann aber einfacher weitergeht.
Da geht’s rauf!
Bina beim Hinterherklettern an der selben Stelle. – Kurz danach war für uns Schluß!
Der Vorteil beim Höhlenklettern: Es gibt meistens Griffe in allen Richtungen!
Wir haben wirklich Lust, einen Höhlenkletterkurs zu machen. Falls es so etwas gibt.

Im Tal am Fluß auf Nikos Campingplatz angekommen, erkennt uns dieser (natürlich) wieder, und wir finden uns sofort in die uns schon bekannte Idylle des Platzes ein.

von den vier katzen von damals ist nur noch die alte da, die mit den hühnern zum futter abholen kommt, wenn wir essen. nikos hat die küchenzeile renoviert und die duschen haben warmes wasser. das gelände ist aufgeräumt und sauber und im kühlschrank stehen bier und andere getränke, von dem wir uns nach einem strich auf der bekannten liste mit bier zum abendbrot versorgen. im cafe an der abzweigung zum fluß trinken wir auch zum ersten mal richtig schlecht gemachten kaffee. beim letzten besuch hatten wir mit der bedienung einen netten schwatz und mir wurde gezeigt, wie man griechischen kaffee kocht und der richtig lecker war. diesmal bediente uns ein mann, der uns styropor-becher gab, in der bei mir dünne braune plörre dümpelte und bei michel der kaffee lauwarm war. das finde ich so bemerkenswert, daß ich es glatt mal schreiben muß.

Am und auf dem Arachthos-Fluß

Di/Mi 22./23. Mai 2018

Wir bleiben drei Nächte auf Nikos Campingplatz. Den Dienstag verbringen wir mit Faulenzen und Blog-Schreiben. Außer uns sind noch ein paar deutsche und slowakische Wildwasser-Kayak-Fahrer auf dem Platz, mit denen wir gut klar kommen.

Michel beim Blog Schreiben. – Die Griechen stöhnen über den “komplett verregneten” Tag!

Am Mittwochmorgen steht ein Einkauf im örtlichen Laden auf dem Programm. Der Laden ist tatsächlich ein Programmpunkt, auf den wir uns schon gefreut haben, weil er wirklich unglaublich ist. Auf der Fläche von drei bis vier Garagen hat er einfach alles. Und wir meinen wirklich “alles”! Lebensmittel, Kosmetik, Renovierungsbedarf, Computerzubehör, Hausaltsartikel, Opferkerzen und Devotionalien, Tierfutter, Gasflaschen. Dabei ist er sogar noch absolut preiswert, obwohl er auf eine Stunde Fahrt in jede Richtung keine Konkurrenz hat.

Der Kassenbereich.
Leider ist der Laden so zugestellt und verwinkelt, dass man irgendwie nicht fotographieren kann, wie zugestellt und verwinkelt er ist.

Am Mittwochnachmittag gehen wir dann mit Nikos raften. Den Kalarritos und den Arachthos runter: Über viele Stromschnellen, durch zwei tolle Canyons, an Wasserfällen vorbei und drunter durch und natürlich durch eine großartige Bergwelt.

Im ersten Cannyon.
Solche Brücken kennen wir aus Korsika. Dort heißen sie nach ihren Erbauern Genueserbrücken. Hier sind es “osmanische Brücken”.
Das Dach dieser Höhle besteht aus dem dichten Wurzelwerk der darüber wachsenden Bäume.
Landgang zu einem versteckt liegenden eiskalten Wasserfall, in dessen Gumpe wir nur dank der Neoprenanzüge schwimmen können.
Unter einem Wasserfall im zweiten Cannyon.
Michel kommt sich wie Borat vor, bina wie das Sams.

diese neoprenanzüge sind wirklich klasse. ich konnte mir bisher nicht so recht vorstellen, das einem darin das kalte wasser nichts anhaben kann. ich dachte immer, das wasser ist beim reingehen nach wie vor eisig, aber der anzug läßt den körper nicht auskühlen. falsch. man merkt auch beim reingehen nicht, wie kalt das wasser ist. sehr faszinierend. so einen anzug möchte ich auch beim nächsten mal haben, wenn ich mal wieder minutenlang brauche, um ins mittelmeer zu tauchen, während michel schon fröhlich schnorchelt. 😉

Viele Leute, denen wir in Griechenland begegnet sind, haben uns gefragt, ob wir auch die Berge um die Vikos-Schlucht besuchen. Nein, tun wir nicht. Die selben Berge gehen nämlich südlich der vor allem durch Tunnel und über Brücken führenden Autobahn Ioannina-Meteora weiter. Hier sind die Berge und Flüsse genauso wild, die Schluchten fast so tief (klar die Vikos-Schlucht ist die tiefste von allen) und es gibt auch Bären, Wölfe und so weiter. Das Einzige, was hier fehlt, sind die Touristen. Die sind alle nördlich der Autobahn bei der Vikos-Schlucht.

Ciao, bella Italia!

Do/Fr 24./25. Mai 2018

von igoumenitsa aus wollen wir mit der fähre nach italien fahren. die mitarbeiterin eines kleinen fährbüros verkauft uns problemfrei fahrkarten mit ‘camping on board’ samt einer ermäßigung, weil wir im ADAC sind. sie hätte auch noch ein geschenk für uns, sagt sie, als sie uns die papiere überreicht. ich frotzele ein bischen (‘oh klasse, jetzt gibts ein käppi und den schlüsselanhänger!’) und schäme mich gleich darauf furchtbar. denn sie geht zum schrank und kommt mit einer kleinen unbeschrifteten flasche zurück. darin eine klare flüssigkeit. ‘ouzo’? frage ich. nein, es ist ein fläschchen tsipouro. schwarz gebrannt von ihrer familie. zum glück nimmt sie meine entschuldigung für den dummen spruch vorher an und freut sich über unsere freude an diesem wertvollen tropfen.

Offensichtlich darf man steuerfrei für den Eigenbedarf und zum Verschenken selber brennen. – Ob das jetzt ganz legal ist oder nur ein Gewohnheitsrecht, das die Griechen sich halt rausnehmen, bleibt offen.

die fähre fährt nach mitternacht und griechenland verabschiedet sich von uns mit einem wunderschönen sonnenuntergang.

Ein Himmel wie gemalt.

camping on board ist toll. wir stehen zwischen womos und lastern auf dem oberen autodeck, es gibt stromanschluß und dusche. kochen dürfen wir zwar nicht, aber wir haben in der stadt gut gegessen und in der cafeteria gibt es morgens einen anständigen kaffee.

Camping on Board.

ich habe ein kleines ritual, jedesmal wenn ich nach italien komme: ich gehe in die erstbeste bar und trinke einen kaffee. das tat ich schon, als ich noch jedes jahr meine mutter in umbrien besuchte, die dort lebt, und das soll sich nicht ändern. ich schreibe ganz bewußt ‘bar’ und nicht ‘cafe’, weil kein italiener in einem cafe einen espresso bestellt. die erste bar ist gleich am hafen und ich bin nach ein paar schlucken süßer, schwarzer flüssigkeit endlich wieder in italien. ein lidl ist auch in der nähe und wir gehen erst mal einkaufen. es herrscht dort eine noch europäischere athmosphäre als in griechenland. die waren sind noch vertrauter, wir können wieder alles lesen und müssen nichts entziffern und ich habe nur wenig an italienischer sprache verlernt, was uns die warenindentifizierung leicht macht. schöner italienischer käse, richtiger erdbeerjoghurt für michel, drei regale(!) voller pasta in allen variationen, farben und formen und gleich daneben die salse.

danach fahren quer durch italien (von ost nach west) zur amalfi-küste, die ja so schön sein soll. das ist sie, aber sie ist vor allem so kurvenreich, daß wir gar nicht richtig vom fleck kommen. in den orten und städtchen staut sich dann der verkehr und der menschenstrom und es geht nur langsam vorwärts. ich kann leider nur aus dem auto heraus beim fahren fotografieren, denn es gibt kaum haltemöglichkeiten, geschweige denn plätze, wo wir über nacht stehen könnten. ich sitze zudem auf der bergseite, deshalb sind die wenigen fotos nicht wirklich gut geworden. ich glaube, wir sind zu sehr verwöhnt von unserem camper-alleinstellungsmerkmal. in italien wird es nicht einfach sein, einsame stellen zu finden, wo wir ohne probleme wild stehen können. hier sind womos gang und gäbe, und wir sind froh, daß noch keine hochsaison ist. die fahrerei ist für michel richtig anstrengend, sodaß wir beschließen, auf den kleinen campingplatz in meta bei sorrento zu fahren, von wo aus wir mit der bahn zu den antiken stätten fahren können, die wir anschauen wollen und auch nach neapel kommen.

Kirchendach in einem Ort an der Amalfiküste.
Ein kleiner Strand kurz vor Amalfi.
Menschengewühl in Amalfi-Stadt.

Amalfi war zu Zeiten der Grand Tour bestimmt wunderschön. Aber inzwischen ist es zuerst vom Jet-Set und dann vom Massentourismus zu Tode geliebt. Es gibt die ganze Küste entlang eigentlich nur eine einzige Straße, links das Meer, rechts der Berg, dazwischen, wie an einer Perlenschnur aufgereiht, kleine Hafenörtchen. Auf der Straße schiebt und stockt ein einziger mit Touristenbussen und Luxusschlitten gespickter Autostrom. – Meine Empfehlung: Macht es hier wie in Chinque-Terre: Autos Raus! Dafür ein gute Fährverbindung von Örtchen zu Örtchen. Und von mir aus E-Bikes.

Der Campingplatz liegt auf Nordseite der auf Capri ausgerichteten Halbinsel, so dass der Touristenwahnsinn hier weniger wahnsinnig ist. Der Platz ist ganz nett, vor allem weil unsere Nachbarn extrem nett sind.

neben uns steht die Familie a… (vater), w… (mutter) und ol… (sohn), mit ihrem T5 aus freising. in bayern sind grad pfingstferien. den abend beschließen wir gemeinsam bei wein und bier und netten gesprächen.

Pompeii

Sa 26. Mai 2018

Als der Vesuv am 24. August 79 n.Chr. Ausbrach und die Stadt Pompeii sowie das kleinere Herkulaneum unter mehreren Metern Bimsstein und Asche begrub, konservierte er eine Augenblicksaufnahme im Leben zweier römischer Städte für die Nachwelt. Leider haben fast zweitausend Jahre später raubgräberisch vorgehende Archäologen und Verwahrlosung vieles zerstört, was Bimsstein und Vulkanasche bewahrt hatten.

Wir fahren zusammen mit unserer Nachbarsfamilie vom Bulli nebenan nach Pompeii, wobei wir allerdings erstmal an der falschen Station aussteigen. Vater A… ärgert sich ziemlich über sich. Wir hingegen sind im Ohne-Fehlschläge-ist-es-kein-Abenteuer-Modus und finden den kurzen Ausflug ins Chaos vor allem interessant.

Am Eingang gönnen wir beide uns Audioguides, die ihr Geld absolut wert sind. Zu den interessantesten Häusern gibt es Audioerklärungen, oft mit passender Musik- oder Geräuschuntermalung und außerdem viele Zusatzerkläroptionen: “Wenn sie den Augenzeugenbericht des Plinius über den Vulkan anhören möchten, wählen sie die Nummer…”, “Wenn sie einen Auszug aus einer in diesem Theater aufgeführten Kommödien hören wollen, wählen sie…” oder “Wenn sie mehr über an Straßenständen verkauftes Essen erfahren wollen, …”.

Anfangs sind wir mit unserer Bulli-Nachbars-Familie noch zusammen, doch später trennen wir uns. Wir beide sind einfach langsamer, weil wir uns alles genauer ansehen wollen.
Die Touristenmassen stören kaum. Einerseits war es hier auch vor 2.000 Jahren voll, laut und wimmelig. Andererseits ist Pompeii so groß und weitläufig, dass man abseits in den Seitenstraßen oft trotzdem alleine ist.
Dieser aus dem Pflaster herausgemeißelte Penis weist auf eines der Bordelle der Stadt hin.
Im Lupanare, dem besterhaltenen Bordell der Stadt, befindet sich über jeder Zimmertür ein recht eindeutiges Bild.
Normalerweise wird davon ausgegangen, dass es die Dienstleistung darstellt, die im jeweiligen Zimmer angeboten wird. Wir halten die Bilder eher für eine allgemeine Menükarte ohne unmittelbaren Bezug zum jeweiligen Zimmer. Denn es werden nicht alle Dienste gleich häufig gewünscht worden sein.
Die Zimmer selbst sind klaustrophobisch klein, selbst wenn man bedenkt, dass die Menschen, die hier vor 2.000 Jahren lebten, im Schnitt nur um 1,60m groß waren.

Das Lupanare ist eines der berühmtesten Gebäude Pompeiis und ich hatte es mir größer vorgestellt. Aber da nur Ärmere und Sklaven ins Bordell gingen, während die Reichen die Huren bei sich zu Hause empfingen, ist das Bordell entsprechend “schlicht”. Dafür war der Preis mit dem Gegenwert von zwei Bechern mittelguten Weins absolut erschwinglich! – Die Sklavinnen, die hier arbeiten mußten, tun mir allerdings leid. Bei dem niedrigen Preis mußten sie sicher ziemlich viele Kunden am Tag bedienen, um ihrem Besitzer einen entsprechenden Gewinn einzubringen.

Das Lupanare und seine Nachbarhäuser sind übrigens ein gutes Beispiel für das verantwortungslose Verwahrlosenlassen Pomepeiis. Das berühmte Lupanare hat ein Dach, das die Fresken schützt und ist insgesamt gut erhalten. Die Nachbarhäuser, die eigentlich genauso gut erhalten sein müßten, sind reine Ruinen, weil sie seit Jahren sich selbst überlassen und der Witterung voll ausgesetzt sind.

Blick vom Seiteneingang ins große Theater.
Das Eßzimmer einer Villa.
Das Gemälde an der linken Wand in Großaufnahme: Nach dem Fall Trojas; links wird die schöne Helena wieder von ihrem rechtmäßgen Ehemann in Besitz genommen; während rechts Kassandra sich erfolglos dagegen wehrt von Odysseus verschleppt zu werden.
Der Garten der Villa.
Das Lararium, mit den Gipsabdrücken der Laren.

Die Laren waren die Hausgötter des jeweiligen Hauses und das Lararium ihr Altar. Die Figuren, die vermutlich aus Holz waren, sind nicht erhalten geblieben. Aber sie haben Hohlräume hinterlassen, die man bei der Ausgrabung mit Gips ausgegosssen hat. Auf die selbe Weise, sind auch die Konturen vieler Bewohner der Stadt, ja sogar der Faltenwurf ihrer Kleider, erhalten geblieben.

Blick vom Eingang in die Villa.
Fußbodenmosaik einer anderen Villa.
Dieses Gärtchen eines etwas bescheideneren Hauses wirkt, als ob sich der Hausherr gleich mit einem guten Becher Wein zu einem in den Schatten setzen würde.
Überall in der Stadt gibt es öffentliche Brunnen, von denen einige Dank neuer Leitungen (zum Glück nicht die alten aus Blei) wieder Trinkwasser spenden.
Die Hauptstraße ist gesäumt von Thermopolien, also Straßenimbissen, in denen meist das Mittagessen eingenommen wurde.
Wandverzierung in einer Villa.
Gartenverzierung in der selben Villa. Links Narziss, in der Mitte eine künstliche Grotte, rechts die Vorläufergeschichte zu Romeo und Julia. (Er bringt sich wegen ihr um und sie sich wegen ihm.)
Hier hört die Ausgrabung einfach auf. Größere Teile Pompeiis sind zum Glück noch unberührt.
Das Amphietheater.

Das Amphietheater war übrigens zwischenzeitlich für 10 Jahre geschlossen worden, nachdem es Krawalle zwischen den Fans zweier Gladiatorenmannschaften gegeben hatte. – Auch bei den Römern gab es schon Ultras und Hooligans.

Antike Brotleibe. (Zwergenbrot ist noch nach 2.000 Jahren so genießbar wie am ersten Tag!)
Auch damals war vieles nachgemachter Kitsch. Dies ist eine antike Kopie des berühmten Bildes von Alexander dem Großen.
Gipsabdruck eines Mannes, der vom Vulkanausbruch im Schlaf überrascht wurde.
Amphoren über Amphoren! Auch damals gab es schon Massenproduktion.
Und hinter dem Jupitertempel am Forum der Stadt schlummert der Vesuv, als ob er keiner Fliege etwas zu Leide tun könnte.

AKTUELL: BULLI GEKLAUT!

Liebe Verwandte, Freunde und Bekannte.

Wir sitzen gerade in Rom und weinen. Bulli wurde geklaut. Wir haben ihn nach 13.30 geparkt und abgeschlossen, um uns Rom anzugucken. Gegen 18.00 Uhr sind wir zurückgekommen und der Kleine war weg.

Kontokarten, Bargeld und Pässe haben wir noch. Rechner, Kamera und Handy auch.

bei der polizei waren wir auch schon. wir warten jetzt auf einen rückruf des ADAC, der uns ein hostel besorgt. wir haben eine chance von 10%, daß bulli gefunden wird, sagen die carabineri.

Michel und bina