Midyat, Aramäer & Staubsturm

Sa./So. 24./25. Mrz. 2018

midyat heißt unser nächstes ziel. hier gibt es noch eine realtiv große aramäische gemeinde. sieben christliche kirchen sind noch in gebrauch, vier davon regelmäßig. das war zumindest der stand vor dem städtekrieg. eine der kirchen besuchen wir. als wir einen parkplatz fürs auto suchen, wo wir eventuell auch übernachten können, fällt uns auf, daß es an jeder straßenecke kameras gibt. die bewohner dieser stadt und auch wir stehen unter ständiger beobachtung. wir sind ziemlich sicher, daß irgendwo ein mensch am monitor sitzt. nicht wie in deutschland, wo oft genug die kameras herumhängen und nur bei bedarf die bilder angeschaut werden.

Big Brother is watching you.

Eigentlich sind alle kurdischen Städte flächendeckend kameraüberwacht. Hasankeyf ist halt eine Ausnahme, weil es sich da einfach nicht mehr lohnt. Nächstes oder übernächstes Jahr ist es ohnehin weg.

Eine der aramäischen Kirchen in Midyat.

da die stadt uns ansonsten nicht weiter reizt, fahren wir nach einem imbiss und einem einkauf weiter und beschließen, bei dem kloster des heiligen gabriel, einem aramäischen kloster in der nähe zu übernachten, das unser reisebuch zur besichtigung empfielt.

unterwegs wird die sicht immer schlechter. schon gestern war es seltsam diesig gewesen, was wir mit dichter wolkendecke und dunst rechtfertigten. jemand in hasankeyf sagte, das sei ein staubsturm, der bei südwind aus syrien über das land geht. das gibt es ganz selten und viel schwächer auch in deutschland. bei bestimmten wetterbedingungen kriegen wir dort sogar saharastaub ab. aber hier in dieser gegend sehen wir jetzt immer weniger. die luft ist ganz gelblich, ich habe einen ungewöhnlich trockenen mund und noch vor dem horizont hört die welt irgendwie auf.

Staubsturm.

Der Begriff Sturm ist etwas irreführend. Es ist ein ganz normaler Südwind, der halt einen Nebel aus feinem Sand mit sich trägt.

als wir am kloster ankommen, macht das in einer halben stunde zu. wir schauen es uns morgen an und gucken gelbe luft auf dem klosterparkplatz. die landschaft dahinter muß herrlich sein…

dann fängt es an zu regnen. ein paar dicke tropfen nur und die reichen nicht, um die luft sauber zu waschen. im gegenteil. der regen ist so staubig, daß bulli völlig blind auf den scheiben wird.

Bulli am nächsten Morgen. Ein klarer Fall für eine Waschanlage.

Das Kloster ist beeindruckend. Es wurde im Jahr 397 gegründet und blickt auf ein 1621-jähriges durchgehendes Klosterleben zurück. Noch beeindruckender ist, dass die Mönche hier tatsächlich Altaramäisch sprechen. Wenn Jesus, der ja Aramäisch gesprochen hat (und nicht etwa Hebräisch oder Latein), hier und heute wiederauferstehen würde, könnte er sich mit den Mönchen problemlos in seiner Muttersprache unterhalten.

Eine der Kirchen und Kapellen des Klosters. (Bina liebt Kuppeln!)

keine ahnung, was mich an kuppeln so fasziniert. die architektur, sicher. die baukunst auch. es macht ein gebäude ungeheuer erhaben und wenn eine kuppel ausgemalt ist, bin ich besonders angetan.

Zugang zu einer der Krypten in denen die Äbte beigesetzt sind.
Einer der Innenhöfe des Klosters.

Wir treffen einen Aramäer aus Stuttgart, der hier ist um neben Neu- auch Altaramäisch zu lernen. Traurigerweise haben die Türkei und die übrigen nahöstlichen Staaten die aramäischen Christen nämlich relativ erfolgreich vertrieben, so dass die Stadt mit der Größten aramäischen Gemeinde der Welt heute in Gütersloh ist. – Ja, Du hast richtig gelesen: Gütersloh!