Bilderbuchmoschee und gemischtes Dorf

Mo. 19. Feb. 2018

Wir fahren nach Osten, zunächst von Limassol bis kurz vor Larnaka, zur Hala Sultan Tekke, einer Moschee, die aus einem Märchenbuch entsprungen zu sein scheint.

die tekke war schon im oktober ein bezaubernder ort, aber jetzt, wo alles blüht, ist es noch mal so schön. der salzsee führt um diese jahreszeit wasser und beherbergt flamingos, die hier rasten und futter suchen.

Die ersten Passionsblumen ist schon da!
Im Oktober stand hier nur trockenes Gras.
Der erste Marienkäfer des Jahres.

die vielen katzen waren im oktober auch schon da. aber mit welcher ruhe sie mitten auf dem parkplatz liegen und sich im schlaf von besuchern in keiner weise stören lassen, ist immer wieder erstaunlich. manchmal möchte eine schmusen, dann sucht sie sich ein herumstehendes zweibein, schmeißt ihren schnurrapparat an, läßt sich knuddeln und geht wieder weg, wenn sie genug hat. – oder setzt sich in den kaktus und meditiert.

Schmusebedürftige Katze mit Beschmuser.
Meditierende Katze im Kaktus. – Bloß nicht bewegen!
Wir fragen uns: Was fressen Flamingos aus einem Salzsee? – Eigentlich kann in einem solchen völlig versalzenen und jedes Jahr austrocknenden Temporärgewässer kaum Leben geben. Außer vielleicht Salinenkrebsen – den Urzeitkrebsen aus dem YPS.
Wir haben auf unserer Reise nun ja schon einige Moscheen gesehen. Aber diese ist, auch auf Grund ihrer Lage auf einer palmenbestandenen Halbinsel im Salzsee, einfach die Märchenhafteste. Disney hätte sie sich nicht klischeehafter ausdenken können.

Dann geht es weiter nach Osten, bis nach Pyla, kurz hinter Larnaka. Pyla ist eines der beiden Dörfer, die komplett in der UN-Pufferzone liegen und eine gemischte griechisch und türkisch Zypriotische Bevölkerung haben. Hinzu kommt, dass Pyla an die souveräne Britische Basis grenzt. Auch als die “Grenze” zwischen Zyperns Norden und Süden komplett dicht war, unterhielten die Briten einen eignen Grenzübergang in den Norden und beschäftigten griechische und türkische Zyprioten auf ihrer Militärbasis. Dadurch war Pyla der einzige Ort, aus dem Friedensaktivisten aus beiden Teilen der Insel sich treffen konnten. Außerdem war und ist Pyla eine Hochburg des Schmuggels, denn die türkischen Einwohner des Ortes können ohne kontrolliert zu werden in den Norden und die griechischen Einwohner ohne Kontrollen in den Süden der Insel fahren. – Zusammen haben sie also die “Erlaubnis” zum zollfreien Warenverkehr über eine EU-Außengrenze.

auf dem platz steht ein UN-posten, auf dem der wachhabende auch gleich unruhig wird, weil wir fotografieren. das kennen wir ja schon. also schnell ein bischen wahllos in die luft geknipst und demonstrativ diese unnützen bilder gelöscht. dann den curser in die gegenrichtung bewegt, wo kein bild mehr gespeichert ist und der soldat ists zufrieden.

es ist an dieser stelle von vorteil, daß die kameras technisch so hochgerüstet und damit mit so vielen kleinen tasten versehen sind, daß man schon sehr genau hinschauen muß, um zu erkennen, welchen knopf jetzt jemand wie drückt.

Der UN-Posten direkt am Dorfplatz. Der freundlich winkende Herr weist uns gerade auf das hier herrschende Photographierverbot hin. Kurz danach werden zwei Kollegen von ihm überprüfen, ob wir das Bild auch gelöscht haben…

wir laufen ein wenig herum, klettern auf den venizianischen turm und freuen uns an der aussicht. trinken einen kaffee bei den türken mit blick auf das griechische cafe auf der anderen seite.

es herrscht eine idyllische ruhe, die ein wenig angespannt wirkt. würde man nicht wissen, was hier los ist, wäre das ein stilles, verschlafenes dorf. ist es wahrscheinlich auch, aber ein komisches gefühl bleibt zurück.

mal ehrlich: ich kann griechen und türken nicht auseinander halten. je länger wir hier sind, desto mehr gemeinsamkeiten sehe ich und denke mit meinem kleinen naiven herzen: mal ernsthaft leute, was soll der scheiß…! ja, vertreibungen und ermordungen gebierten großes leid und die besatzung ist nicht schön. aber schaut euch doch mal an: ihr eßt und trinkt die selben sachen, ihr sitzt beide gern im schatten und schaut den leuten auf der straße zu, ihr beide spielt backgammon in der bar, mögt eure autos und eure kinder. denkt doch mal darüber nach!

Kirche und Moschee in Pyla.
Zweisprachiges Straßenschilde auf Griechisch und Türkisch. Aber leider gibt es keine echten Straßennamen, die Straßen sind einfach durchnummeriert. Alles andere würde wohl Streß geben.
In voller Blüte.
Rechts hinter dem Venizianischen Turm sieht man die türkische Stellung oberhalb des Ortes.
Blick über den türkischen Kaffee auf das griechische Kafenaion auf der anderern Seite des Dorfplatzes. – Der fotoscheue UN-Posten liegt rechts außerhalb des Bildbereichs zwischen den beiden Lokalen.

Das griechische Kafenaion hat noch geschlossen als wir ankommen. Es ist Grünmontag, ein Feiertag an dem die Griechen zu Massen zu vegetarischen Großfamilienpicknicken in die Natur fahren. Dieser Umstand erleichtert uns die Wahl unseres Kaffees dankenswerterweise sehr. Als ich im türkischen Kaffee dann zwei “Zypriot Coffee” bestelle, werde ich barsch zurechtgewiesen, dass es hier nur “Turkisch Coffee” gäbe. – Naja, es ist halt doch noch ein weiter Weg…

Südlich des Dorfes überquert die Straße diesen Panzergraben, der dem Schutz der Republik Zypern vor einer Invasion aus dem Norden dient.

Wir fahren weiter nach Osten, ganz bis zum südöstlichen Zipfel der Insel. Dem Kap Greko. Also fast bis zum Kap, denn ganz am Ende ist militärisches Sperrgebiet. (Mal wieder.) Die Briten haben sich hier mit einer Abhörstation breit gemacht. – Wir fahren eine Bucht zurück und übernachten dort. – Inzwischen wissen wir ja, dass die Briten etwas paranoid reagieren, wenn wir direkt am Zaun ihrer Spionage- und Militäreinrichtungen übernachten.

Der südöstliche Zipfel Zyperns

Di-Mi 20.-21. Feb 20118

1) Wanderung am Cap Greko:

Am Dienstagvormittag machen wir eine kleine Wanderung (oder einen sehr-sehr ausgedehnten Spaziergang) über die südöstlichste Halbinsel Zyperns, das Cap Greko. Schöne Natur, schöne Küste. Aber im Vergleich zu Einigem, was wir uns in den letzten Monaten erwandert haben nichts Atemberaubendes. (Ich glaube, wir werden, was das angeht, ganz schön anspruchsvoll…)

Eine natürliche Steinbrücke an der Küste.
Blumenwiese mit… (wie heißt die Frau noch gleich???)
Da also haben die Griechen das Design ihrer Säulen und Kapitäle her. Die Natur, Gott oder Zeus (wer auch immer) könnte sie auf Produktpiraterie verklagen.
Wenn man auf der Bank sitzt sieht man zum Glück nicht, wie prekär die eigene Lage ist.
Sah ein Weib ein Blümlein stehn, Blümlein auf der Heiden,…
Michel beim Müll einsammeln.

Das orangene Ding in meiner Hand ist ein wiederverwertbarer Müllbeutel vom Deutschen Alpenverein (DAV). Wir nennen ihn in Tradition meiner Familie die “Bergfextüte” oder das “Bergfex”, nehmen ihn auf jede Wanderung mit und bringen ihn niemals leer zurück. (Obwohl wir unseren eigenen Müll separat im Seitenfach des Rucksacks verstauen) Öfters müssen wir vor den schieren Mengen des die Landschaft verschandelnden Mülls kapitulieren.

Zypern hat viele Picknickplätze, an denen wir umsonst Trinkwasser aufnehmen und unser Campingklo artgerecht entsorgen können.

2) Blick in die Geisterstadt Varosha

Am Nachmittag werfen wir einen Blick auf Varosha. Als wir im Oktober in Famagusta waren (das griechisch Amochostos und türkisch Gazimagusta heißt), haben wir uns die Geisterstadt Varosha vom Norden her angesehen. Diesmal “genießen” wir den Blick vom Süden her. Also den Blick über die grüne Linie in den türkisch besetzten Norden der Insel.

Obwohl dem Weg hierher Hinweisschilder nach “Amochostos/Famagusta” gab, ist hier Schluß. – Hinten sieht man die Geisterstadt.
Blick in die Geisterstadt mit dem Zoom der Kamera.

Anfang der 70er Jahre war Varosha der aufstrebende neue Stadteil Famagustas mit 40.000 Einwohnern, einem breiten Strand und vielen (häßlichen) Hotels. Bei der Türkischen Invasion 1974 wurde Varosha ethnisch gesäubert und ist nun militärisches Sperrgebiet. Von der türkischen Armee besetzt und von den blauhelmen den UN-Blauhelmen regelmäßig bestreift und kontrolliert.

Wir besuchen das griechisch-zypriotische Informationszentrum, von dessen Dach aus man mit Ferngläsern nach Varosha sehen kann. Der 8-minütige Propagandafilm, den sie hier auch auf Deutsch zeigen, ist in seiner Plumpheit kaum zu überbieten. Was schade ist, denn sie haben ja recht: in Varosha lebten griechische Zyprioten, sie wurden bei der Invasion des türkischen Militärs vertrieben, und heute ist Varosha eine Geisterstadt.

Aber sie vermischen Famagusta und Varosha. Famagusta ist (anders als ihr Stadtteil Varosha) eine lebendige Stadt. Sie verschweigen die türkischen Zyprioten, die dort auch vor 1974 schon gewohnt haben. Sie malen dermaßen Scharz-Weiß und übertreiben so maßlos (die Idylle vor 1974, die barbarischen Türken…), dass sie sich vollkommen unglaubwürdig machen.

Dabei gibt es hoffnungserweckende Grautöne: Es gab in letzter Zeit regelmäßig große orthodoxe Gottesdienste in einer der alten Kirchen von Famagusta, zu denen viele vertriebene ehemalige Einwohner Famagustas und ihre Nachfahren kamen. Rund um diese Gottesdienste hat sich ein guter Austausch von den vertriebenen griechischen Zyprioten und den heute (immer noch) dort wohnenden türkischen Zyprioten entwickelt. Mit Einladungen zum Essen, gemeinsamem Picknick, Flohmarkt, Stadtspaziergängen und so weiter. – Die Utopie des wiedervereinigten, befreiten Famagusta wurde gelebt, und bekam praktisches Fleisch auf ihre theoretischen Knochen.

Im letzen Jahr wurde es der türkisch zypriotischen Obrigkeit dann zu viel mit dem gelebten Friedensprozess. Die Anzahl der erlaubten orthodoxen Gottesdienste in Famagusta wurde rigoros beschränkt. Und um ein Zeichen zu setzen wurde der “Türkische Strand” eröffnet. Ein Strand nur für Türken und türkische Zyprioten. Ausländer und griechische Zyprioten verboten. Ein Apartheidsstrand! – Tolle Idee!

Aber soweit wir wissen, haben diese Maßnahmen der türkischen Obrigkeit dem gelebten Friedensprozess der (Ex-)Einwohner von Amochostos/Gazimagusta eher gestärkt als geschadet.

3) Agia Napa: Ballermann der Levante

Am frühen Abend waschen wir unsere Wäsche in einer Self-Service Laundry in Agia Napa. Toll, schon wieder eine Geisterstadt! Aber diesmal nur, weil wir außerhalb der Saison da sind. Wenn man in Deutschland einen billigen Pauschalurlaub mit Sonne und Strand auf Zypern bucht, dann landet man vermutlich in Agia Napa. Im Sommer steppt hier offensichtlich der Bär. Kneipen, Diskos, Hotels, Restaurants, Läden, Strand. Derzeit aber alles leer und verlassen. – Eine eigenartige Stimmung!

Zum Schlafen stellen wir uns wieder an die Küste am Cap Greko.

4) Über die SBA in den Norden

Am Mittwochfrüh fahren wir über die Souveräne Britische Militärbasis “Dekelia” (“Souvereign Base Area” = “SBA”) in den türkisch besetzten Norden Zyperns. Die beiden “Souvereign Base Areas”, die etwa 7% der Fläche Zyperns ausmachen, sind tatsächlich souveränes Territorium des Vereinigten Königreichs, mit eigener Polizei und allem.

Innerhalb der SBA Dekelia gibt es jedoch zwei griechisch Zypriotische Enklaven, zwei Dörfer, die komplett zur Republick Zypern gehören.

EOKA-Denkmal in der Exklave Xylotymvou. (Nein, es ist keine Katze über die Tastatur gelaufen, das Dorf heißt wirklich so. – Keine Ahnung, wie man es ausspricht.)

Offensichtlich haben sie im letzten Jahr in dieser Enklave im britischen Gebiet ein Denkmal für die EOKA aufgestellt. Die EOKA ist die Griechische Terror- oder Guerillaorganisation, die auf Zypern von 1955 bis 1959 einen Guerillakrieg gegen die britische Besatzung der Insel nach dem Vorbild der Irischen IRA geführt hat. – Im Gegensatz zur IRA, die immer eine linke Organisation war, war die EOKA jedoch (als einzige Organisation dieser Art) eine stramm rechte Organisation. Sie kämpfte nicht für ein freies Zypern, sondern für den Anschluß der Insel an das damals faschistische Griechenland.

Es sagt vermutlich viel über die Stärke der Rechten im griechischen Teil Zyperns aus, und darüber wie die griechischen Zyprioten zu den Souveränen Britischen Basen stehen, dass sie an speziell diesem Ort genau dieses Denkmal errichtet haben.

Bina versucht immer diese typischen Nadelbäume Zyperns gut aufs Photo zu kriegen. Endlich ist es ihr einigermaßen gelungen.

diese bäume faszinieren mich in der tat. manche sehen aus, als kämen sie grad frisch vom friseur. ich dachte erst, die werden so zurechtgeschnitten, aber dieser nadelwuchs ist natürlich. Sehr stylisch!!!

Ein Stück weiter ist die SBA keine 100m breit. Nur die Straße und ein schmaler Grünstreifen rechts und links gehören zur SBA, die hier außerdem die Grenze zwischen Nord- und Südzypern bildet.

Der Bulli steht auf britischem Territorium, rechts beginnt nach wenigen Metern das türkische Nordzypern, links das griechische Südzypern.
Nach Süden ist die Grenze der SBA so durchlässig, dass man sie nur auf der Karte sieht, nach Norden ist dicht, wie dieses Schild am Straßenrand zeigt. (Ja, photoscheue Wachposten gibt es auch. – Das Übliche eben.)
Blick von der SBA ins türkische Militärgebiet: Die verlassene Kirche einer griechische Geisterstadt.
Die selbe Geisterstadt mit der selben Kirche aus leicht anderem Blickwinkel.

Am Ende dieser Grenzstraße liegt eine Britische Kaserne und dahinter ein Grenzübergang, über den wir in den Norden fahren.

4 Tage am Strand

Mi-Sa 21.-24. Feb 2018

Während Deutschland von einer Kältewelle heimgesucht wird, verleben wir sonnige Tage am Strand. Bulli steht mit Strandblick in den Dünen hinter einem kaum besuchten Picknickplatz bei Iskele (griechisch Trimoko) mit Frischwasser, WLAN und sommerlichen Temperaturen. Nur das Mittelmeer ist uns zum Baden noch ein wenig zu kalt, obwohl Nord- und Ostsee im Sommer auch kaum wärmer sind.

Bullistandplatz in den Dünen.
Strand mit Internetzugang – nur die Sonne blendet so! (#Luxusprobleme)
Aktueller Wetterbericht auf tagesschau.de.
Man kann ja nicht nur rumliegen. Man muß auch mal spazieren gehen.
Jeckyl und Hurtz genießen den Ausblick.
Beim Rumgammeln entstandener Schnappschuß. – Ja, wir haben auch am Strand gelegen, davon aber kein Bild gemacht.

Doch es ist ein dem Untergang geweihtes Paradies. Bei unseren Strandspaziergängen und dem Radausflug zum nächsten Laden und Cafe sehen wir haufenweise Baustellen in Vorbereitungen und die Anzeigetafeln, die ankündigen, dass hier Spielcasinos, Luxusressorts, Wellnessoasen, Ferienhaussiedlungen und Hotels mit Swimmingpools “für uns” gebaut werden, sind vermutlich das Todesurteil für diesen schönen langen Dünenstrand.

Überall in Nordzypern werden wir in den nächsten Tagen Werbetafeln begegnen, die uns auffordern “Buy your Home at Long Beach – Iskele!” Auch darin sind sich die Machthaber im Norden und Süden Zyperns einig: “Die Schönheit dieser Insel muß doch kaputt zu kriegen sein! Sie muß sich doch in Geld verwandeln lassen!”

Wehmütig denke ich an Korsika, wo die FLNC jahrzehntelang die Verschandelung der Insel verhinderte, indem sie die Investitionen der Tourismuskonzerne, diese Beton gewordenen Schändungen der Schöpfung, mit schöner Regelmäßigkeit im Winter in die Luft sprengte. – Wir haben dort einmal an einem wunderschönen Strand mit einer Investitionsruine an einem Ende einen Schweizer Banker getroffen, der uns empört erzählte: “Ich verstehe ja, dass die Korsen etwas gegen die Franzosen haben. Aber es war ein Schweizer Investment, und sie haben es gesprengt. Dann haben wir es wieder aufgebaut und jetzt haben sie es wieder gesprengt!” – Ja, man hat es schon schwer als Schweizer Banker, der die Schönheit Korsikas in Profit ummünzen will. Aber vielleicht waren die Korsen ja jetzt deutlich genug. Sie bleiben lieber bei ihren kleinen familiengeführten Pensionen. So bleiben Geld, Arbeit und Naturschönheit auf der Insel.

PS: Diese Begebenheit auf Korsika haben wir uns nicht ausgedacht. Das ist uns wirklich passiert!

Lands End: Karpazhalbinsel

So 25. Feb. 2018

wir fahren wieder auf der äußersten spitze der karpazhalbinsel. im dorf dipkarpaz machen wir kurz halt. diesmal hat auch das griechische kafeneion geöffet und wir trinken einen kaffee. wir werden sofort an den tisch gebeten, wo schon andere sitzen und schnacken mit dem besitzer und seinen gästen mit viel spaß. die männer am tisch sind teils griechische teils türkische zyprioten. wir hätten es nicht bemerkt, wenn einige nicht türkischen tee vor sich stehen hätten. es sind stammgäste. auf meine frage, ob er auch rüber gehen würde zum tee trinken sagt er: klar, selbstverständlich, warum nicht? er wirkt ehrlich.

dann werden busladungen von touristen vor dem haus ausgekippt. die meisten gehen rüber ins türkische cafe, weil dort die sonne schon auf die terrasse scheint. ein paar kommen zu ‘uns’ und fragen nach einem typischen schnaps. wahrscheinlich meinen sie ouzo, aber weil wir grad über zivania gesprochen hatten, kriegen sie den ausgeschenkt. ich hätte ja auch lust auf einen, aber dann kann ich die wanderung heute vergessen. heute hab ich doch hoffnung, daß sie irgendwann wieder ohne arg miteinander friedlich leben.

Schild des griechischen Kafeneion in Dikarpaz/Rizokarpaso.
Verwirrte französische Touristen, die statt eines griechischen Ouzo oder türkischen Raki einen zypriotischen Zivania bekommen.

Vom gemischten Dorf Dikarpaz/Rizokarpaso fahren wir erst zum Andreaskloster, dem wir einen kurzen Besuch abstatten und dann ganz zum Inselende, um hier zu übernachten. Anders als letzten Oktober haben wir diesmal aber keine wolken- und mondlose Nacht, so dass wir keinen so großartigen Sternenhimmel haben.

Auf dem Weg zum äußersten Ende der Insel. Im Oktober war hier alles braun und sonnenverbrannt. Jetzt ist es so grün, dass man es auch für Irland halten könnte.
Esel sind hier wirklich überall. Nur gut versteckt in den Büschen und auf geheimen Trampelpfaden. Gesehen haben wir sie wirklich nur am Andreaskloster und am Eingang vom Nationalpark.

wir stellen bulli an der alten stelle neben der polizeiwache ab. der wachmann ist ein anderer, aber auch er hat kein problem damit, daß wir hier über nacht stehen.

am späten nachmittag machen wir machen noch eine kleine aber wunderschön wanderung. die felder sind ganz gelb von blumen. das sieht man auf dem foto leider nicht so. es geht durch die büsche auf eselspfaden und immer an der steilküste entlang, bis runter zum strand. dort erschlägt uns der müll. so viel plastik hab ich noch nie gesehen. ich hätte auch keine idee, wie man es schaffen soll, den strand zu säubern. der müll sammelt sich in felsecken, in kleinen meerwassertümpeln, klemmt in steinritzen und häuft sich an der wasserkante und das über gut und gern 2 km strandlänge. das einzige, was mir dazu einfällt ist: verbietet plastikflaschen und tüten jeder art. gebt pfand auf alles, was aus kunststoff ist. das ist ja wahnsinn!!!

Ich komme abgeschätzt und hochgerechnet auf grob 100.000 (in Worten: einhunderttausend) Plastikflaschen für die 2 km Strand an der Nordküste. Die Plastikflaschen machen den Hauptteil des Plastikmülls hier aus, doch es gibt auch erstaunlich viele Plastiksandalen, Kanister und sonstiges. Das ganze Plastikzeugs ist hier angeschwemmt worden, offensichtlich führt die Strömung vom Nordwesten der Insel und des gegenüberliegenden türkischen Festlands hierher. Vielleicht sogar von Antalya.

Die Felsenküste auf der Südseite der Halbinsel.
Ein Küstenfelsen auf der Nordseite der Halbinsel.
Brandung an der Nordküste mit Blick aufs Inselende.
Plastikmüll an der Nordküste. Alles, was glänzt, ist Müll. Bis zum Horizont. Und was zu sehen ist, ist noch lange nicht alles, was hier tatsächlich liegt.

Tunnelwanderung

Mo, 26. Feb 2018

wir fahren zurück in richtung girne. wir machen noch einen kleinen abstecher nach sipahi, auch ein griechisch-türkisch-gemischtes dorf. das einzige, was wir finden, ist die kirche, die noch in betrieb ist und deren glocken über ein seil geläutet werden. ich kann michel zum glück davon abhalten, daran zu ziehen. aber auch mich würde interessieren, was dann passiert.

Anscheinend wagt keiner außer dem Priester, das Seil zu nehmen. Sonst würde es schon längst nicht mehr dort hängen.

Zwar ist Dikarpaz/Rizokarpaso das bekannteste gemischte Dorf im Nordzypern und hat absolut auch die größte griechisch-zypriotische Bevölkerung. Im kleineren und unbekannteren Sipahi ist der relative (also prozentuale) Anteil der griechischen Zyprioten höher. Daher dürfen sie in Sipahi auch noch ihre Kirchenglocke läuten, was ihnen in Dikarpaz/Rizokarpaso verboten ist. – So gesehen ist das Seil der Kirchturmglocke tatsächlich die Hauptatraktion des Örtchens.

Nachmittags und kurz vor Girne/Kyrenia machen wir eine Wanderung zu einem natürlichen Tunnel (ja, sowas gibt es). – Danke für die Empfehlung an die Familie “JWK” (Vater “J” Mutter “W” und Sohn “K”)!

Schöne zweifarbige Blütendolde.
Klein, dunkelrot und schön.
Eine Raupenprozession.

Es wäre eine schöne, aber durchschnittliche Bergwanderung, wenn da nicht der Tunnel wäre. Wir steigen in eine Tal ab das sich unten zu einem natürlichen Graben verengt. Am Grunde des Grabens gehen wir Richtung Talausgang, bis wir vor einer Felswand stehen in welcher zu “ebener Erde” am Talgrund der Tunneleingang liegt. Der Tunnel macht eine S-Kurve und ist so lang, dass man in der Mitte für eine paar Schritte zu keiner Seite auch nur einen Schimmer Tageslicht sieht.

Michel im natürlichen Tunnel.
Bina kurz vorm Tunnelausgang.
Der Tunnelausgang.
Sagten wir schon, dass hier Frühling ist? Nur wärmer!

Abends gehen wir noch in “unseren” Irish Pub in Girne/Kyrenia. Die Wirtin erkennt uns wieder. Wir genießen das Guinness und diskutieren leidenschaftlich mit einer Brexit-Befürworterin.

Zahnweh & Brille kaputt

Di-Mi 27.-28. Feb 2018

Am Montagabend hat bina im Suff ihre Brille in der Schiebetür des Bullis eingeklemmt. Fassung kaputt, ein Glas unauffindbar. (Also im Dunkeln und in unserem Zustand unauffindbar…) – Am morgen findet sich das Glas dann ein. Wir gehen auf eine der schicken Einkaufsstraßen Girnes/Kyrenias, um eine passende Fassung zu kaufen und finden eine für 25€.

Anschließend bringen wir Bulli in die Autowäsche. Das letzte Mal war er im Oktober in der Waschanlage. Unglaublich was da runter kommt. (Wußtet ihr, dass er in Wirklichkeit weiß ist?) Naja, 4 Monate mit viel Landstraße, Offroad und Wüste.

Während wir das erledigen, wird mein (Michels) Zahnweh schlimmer. Es war gestern schleichend losgegangen, aber der Alkohol hatte es betäubt. Und jetzt wird es den Tag über schlimmer. Den Rest des Tages sitze ich im Bulli, lenke mich ab und hoffe, dass es vorbei geht.

Am Mittwochfrüh fahren wir dann nach Nikosia zur “Kolon British Hostpital”, einer Art Poliklinik-Plus, die auch einen Zahnarzt hat. Eigentlich erwarten wir das Schlimmste. Denn W…, die Mutter der Familie “JWK” hatte sich im Süden der Insel das Fußgelenk gebrochen und schlechte Erfahrungen mit dem dortigen Gesundheitssystem gemacht. Aber wir werden mehr als positiv überrascht. Der Zaharzt ist wirklich gut. Er nimmt sich Zeit, ist behutsam und gründlich. Ich sitze zweimal auf seinem Stuhl (heute und Freitag in einer Woche) jedesmal eine gute Stunde. Er zieht mir eine Wurzel, verschreibt mir Antibiotikum und repariert den Zahn. Das Ganze kostet umgerechnet 200€. Als ich das Antibiotikum (Markenprodukt) in der Apotheke gegenüber kaufe, glaube ich erst, die Apothekerin hätte den Preis in Euro genannt, so billig ist es. Nein, Türkische Lira, also durch 4,65 zu teilen. Ich beginne zu ahnen, wie hoch die Gewinnspannen der Pharmafirmen und Apotheken in Deutschland sind. Das läßt Drogenhändler bescheiden aussehen.

Michel wartet auf den Zahnarzt und lenkt sich mit dem Internet ab.

Auch das Betriebsklima in der Klinik ist deutlich besser, als wir es von einer gewinnorientiert arbeitenden Privatklinik erwarten. Vielleicht haben sie erkannt, dass es sich langfristig lohnt, wenn die Mitarbeiter zufrieden sind. Alle scheinen zwischendrin Zeit für kleine Pläuschchen zu haben. Die Gesichter wirken entspannt, zugewandt und wirklich freundlich. Nicht diese falsche Firmenfreundlichkeit amerikanischer Kaffeeketten.

zwischendrin, als bei michel die betäubung wirken muß, kommt der doktor selber nach mir schauen. er nötigt mich eine ecke weiter, wo ein fernseher, kaffee und tee auf mich wartet und natürlich internet, so daß ich eine ausführliche mail an meine mutter schreiben kann. so geht wartezimmer!!!!!

Dann stehen wir wieder für eine Nacht auf der türkischen Seite des Grenzübergangs am Ledrapalace und genießen den Nachmittag über das Flair Nikosias. Wir gewinnen die Stadt immer lieber.