Leben im Bulli

ich erzähle jetzt mal ein bischen von bulli.

der fährt uns so lieb überall hin. steht ohne zu murren da, wo wir ihn abstellen und wartet immer auf uns. bewacht unseren schlaf, schleppt brav den gartenschrank mit sich, trinkt jeden diesel, den wir ihm in verschiedenen ländern einfüllen und kommt mit fast jeder steigung bisher zurecht. da soll ihm ein kleines kapitel gewidmet sein.

nachdem michel anfangs doch etwas rückenprobleme hatte, weil wir auf dieser dreigeteilten rückbank-matratze schlafen, schichten wir jetzt zwei wolldecken, eine isomatte, ein zusätzliches plümeau übereinander, ehe wir das bettlaken aufziehen. das geht sehr gut. alles verschwindet tagsüber hinter der rückbank auf ganz bestimmte weise, das wir es abends nicht jedes mal neu schichten müssen.

Ob die Rückenprobleme wirklich von der dreigeteilten Matratze kamen, ist nicht ganz klar. Immerhin leben wir ja auch sonst in den Sommerferien wochenlang im Bulli. Aber seit wir das Bett auf die von bina beschriebene Weise bauen, ist es gemütlicher und bequemer und meine Rückenschmerzen sind weg.

das portapotti wird jetzt nicht mehr im gartenschrank verstaut, sondern bleibt vor der spüle stehen (also im fußraum vor der rückbank), dann muß michel es nicht immer hin und her tragen. wenn wir über nacht stehen, wird der beifahrersitz umgedreht, ein bischen nach vorn geschoben und die toilette paßt prima in den fußraum. damit haben wir auf dem klo sogar ein bisschen privatsphäre. und wir haben den vorhänger für frontscheibe und vordere seitenfenster immer parat. dann kann auch von außen keiner zugucken.

Bina morgens auf dem… ja genau!

Dass das Klo im Fußraum vor der Rückbank bleibt, hat auch ganz einfach den Grund, dass oft erst mal einer von uns auf Klo muß, wenn wir irgendwo halten, um etwas zu besichtigen. Dann werden schnell die hinteren Vorhänge zugemacht und das Geschäft verrichtet. Für das Klo bin übrigens ich zuständig. Was bedeutet einmal die Woche eine Möglichkeit zu finden, es zu entleeren und zweimal mit klarem Wasser auszuspülen. Normalerweise brauche ich dafür einen etwas abgelegenen Bulli und 20 Liter Wasser.

entgegen unserer sonstigen art, bulli nur abzuschließen und alle gardinen offen zu lassen, damit jeder sehen kann, daß es bei uns nichts zu klauen gibt, machen wir die gardinen jetzt zu, wenn wir weggehen.

einmal ist es passiert (das war auf zypern in lefkosa am ledra-palast), daß wir nachmittags geschlummert haben und ein paar kinder sich sehr für bullis innenleben interessierten. ich bin leise aufgestanden, hab dann ganz plötzlich den kopf aus dem fenster gehalten und auf deutsch geschimft. der schreck hat die kinder gelehrt nicht zu neugierig zu sein und weiterreichende dummheiten besser zu lassen. wenn alle gardinen zu sind, kann man nicht sehen, ob jemand im bulli ist. das ist sicherer.

Außerdem werden alle Wertsachen, also Pässe, Schlüssel, Geld, Laptop und so weiter, außer Sicht verkramt, dass man sie, auch wenn man im Bulli ist, nicht sofort sieht.

schmutzempfindlich dürfen wir nicht sein. der teppichfußboden vor der spüle müßte dringend mal shampooniert werden. eine idee, wie das gehen soll, gibt es bisher nicht. er wird regelmäßig abgefegt und dann bürsten wir eine halbe negev-wüste die stufe hinunter. es gibt nicht an jeder tanke einen sauger wie in deutschland.

hygienevorstellungen müssen auch hintan stehen. die socken hängen zum trocknen nach dem wandern über dem lenkrad. hand- und geschirrtücher, wasch- und wischlapppen, die zu hause alle paar tage in die wäsche wandern, werden jetzt mindestens zehn tage benutzt. zum trockenen hängen sie möglichst hoch unter dem dach, das geht am schnellsten. hier in israel gibt es nur wenige richtige campingplätze, die ev. eine waschmaschine haben könnten. es gibt zum glück in jerusalem und tel aviv waschsalons und auf dem weg nach israel hab ich mehrmals mit der hand gewaschen, wenn wir auf einem campingplatz waren.

einmal war bulli voller fliegen, wohl, weil die wandersocken so verlockend gerochen haben. und irgendwann hatten wir abends lauter kleinstfliegen an der decke, weils drinnen so schön hell war. davor darf man sich auch nicht gruseln. zum glück verschwanden die fliegen während der fahrt und das andere zeug suchte sich, als wir schlafen gingen, eine andere lichtquelle.

körperpflege findet als katzenwäsche statt. michel stellt manchmal den wasserkanister auf den gartenschrank und dreht den hahn für eine improvisierte dusche auf. mir ist das jetzt meist zu kalt, bin aber immer etwas neidisch, weil er danach so prima erfrischt ist. in griechenland und der türkei hab ich das aber auch gemacht. tel aviv ist klasse. da gibt es am strand umsonst heiße duschen. aber man gewöhnt sich auch an die pfützenwäsche in der spüle.

Mit etwas Übung bekommt man sich mit drei Litern Wasser im Waschbecken und einem Waschlappen erstaunlich sauber!

bulli ist ein raumwunder. es gibt im einen oder anderen fach tatsächlich noch platz. ich wische alle paar wochen die regale und fächer aus und sortiere sie neu. darin werde ich immer besser, weil platzsparender. auf der anderen seite müssen wir auch ein bischen umeinander herum leben. es kann nur einer in den klamottenkisten oben wühlen. der andere macht sich entweder auf dem beifahrersitz klein oder wartet besser draußen. wenn einer das bett zusammenschiebt, kann der andere nichts anderes nebenbei im bulli machen.

und ich muß ganz bewußt beim kochen einen schritt nach dem anderen tun, damit ich nicht ständig alles hin und her räumen muß. also erst wasser in die töpfe füllen. dazu brauche ich die stellfläche vom herd für den kanister, die ich später für den gaskocher hochklappe. die vorräte aus dem kühlkasten holen, dann gaskocher anschließen, feststellen, daß der gashahn noch nicht aufgedreht ist, also vorräte noch mal auf der bank zwischenlagern, weil ich sonst die klappe vom gasflaschenfach nicht aufkriege. vorräte wieder zurückräumen, weil ich auf der bank zum gemüseschnippeln sitze. und so weiter.

michel kümmert sich um die wasservorrräte. wenn er den bullitank befüllt, damit ich „wasser aus dem hahn“ habe, muß er hinten unterm bett den gartenschlauch anbringen, den schweren kanister auf die wäschefach-klappe hieven und über trichter und schlauch das wasser gluckern lassen. normalerweise geht der tank ganz einfach zu befüllen. heckklappe auf, einfüllstutzen vom tank ausklappen, öffnen, wasser rein und alles wieder zumachen. aber auf dieser reise steht der gartenschrank auf der anhängerkupplung und die heckklappe geht nicht auf. also mußte michel sich was ausdenken.

Pro Tag brauchen wir übrigens in etwa 20 Liter Wasser, für Kochen, Trinken, Abwaschen, Waschen und Klo. Da wir insgesamt 100 Liter Wasser verproviantieren könnnen, sind wir fünf Tage unabhängig, ohne uns einschränken zu müssen. Wenn wir uns einschränken, kommen wir auch mal zwei oder drei Tage mit 10 Liter am Tag aus, darunter würde es aber unangenehm, weil Körper und Geschirr komplett ungewaschen blieben. Meistens halten wir so in etwa 40 Liter Wasser vor. In Israel gibt es genug öffentliche Trinkwasserbrunnen (ich schreibe hier bewußt Israel, denn die Palästinenser leiden gleichzeitig Wassermangel), in Griechenland, der Türkei und auf Zypern haben wir große Wassergalonen mit 10 bis 20 Liter Inhalt im Supermarkt gekauft.

das klingt alles mühseliger als es ist. umständlich ist es manchmal, ja. aber es ist immer wieder schön, wenn eine mögliche verbesserung funktioniert, wenn ich das essen auf dem tisch habe und mich nicht hauptsächlich mit „gegenständen hin- und herschieben“ beschäftigt habe. wenn die wäsche trocken und einigermaßen frisch in sortierten kisten liegt. wenn ich auf ein frisches porta potti gehen darf, das michel grad mit akribie und viel wasser gereinigt hat.

und wenn wir dann gemütlich im bett liegen, jeder noch mit einem buch vor der nase, draußen rauscht vielleicht ein meer oder der straßenverkehr von ferne, irgendwo bellt der obligatorische hund oder der regen trommelt ausnahmsweise aufs dach, dann ist bulli der schönste ort auf der welt.

Nach dem Abendessen und vor dem Abwasch
Die „Puppenküche“
Klamotten und Rucksack liegen auf dem Fahrersitz, Socken hängen zum Trocknen über dem Lenkrad.