Ein Chamäleon!

Sonntag 08.10.17

heute besuchen wir kantara, eine weitere kreuzritterburg mit tollem blick.

Kantara thront über der schmalen Küstenebne.

wir gurken so ganz entspannt den berg rauf. ist die straße plötzlich gesperrt. eine tourenwagenralley rund um den berg. auch der umweg endet im boxenareal der ralley, aber wir dürfen hindurch fahren zur burg. wieder mal habe ich das gefühl, versehentlich in ein dimensionsloch gerutscht zu sein.

Boxengasse der Rallye in Kantara.

das wäre was für dich gewesen, lieblingsschrauberin!!!!

auf dem rückweg begegnet uns er hier:

Chamäleon (vor Michels Fuss).

langsam, langsam wanderte es über die straße richtung böschung. tatsächlich mit dem einen auge mich und mit dem anderen in der entgegengesetzten richtung michel beobachtend. nur den farbwechsel hat es nicht recht hingekriegt. es sah schon aus wie das gebüsch nebenan und das war noch so weit weg.

unser erstes chamäleon in freier wildbahn!

wieder an der küste schnorcheln wir in beeindruckenster unterwasserlandschaft und sitzen lange an einem schicken, nagelneuen yachthafen und schreiben am blog.

die gelegenheit, mal vergessene beobachtungsschnipsel zu erzählen:

– in der südtürkei sind 95% der autos weiß und sehen immer frisch gewaschen aus.

– egal, wo wir mit bulli stehen und schlafen: irgendwo in der ferne bellt immer ein hund mehr oder

weniger ausdauernd.

– den vielen straßenhunden geht es offentlichtlich gut. selten, daß wir einen einsamen, unterernährten

hund sehen. sie leben meist in rudeln, haben ihre festen schlafplätze, wir sehen sie viel miteinander

spielen. es gibt auf zypern verschiedene organisationen, die sich um sie kümmern. ich hoffe, sie haben

kastrationsprogramme laufen, damit die hunde nicht immer mehr werden.

bemittleidenswert hingegen sind die kettenhunde, die wie vielerorts ohne schattenplatz, etwas zu

trinken und sich sichtlich langweilend dahinexististieren. wer kümmert sich um sie?

– in girne hatten wir den großartigsten blutmond über dem hafen, den ich seit langem gesehen hab.

– es bringt mich völlig durcheinander, daß sich die luft abends wie eine laue sommernacht in

deutschland anfühlt, in der es um 22.00h noch hell ist. aber es ist um 20.00h schon so dunkel, daß am

ende des tages meine zeitliche orientierung regelmäßig versagt.

Ich stelle die ganze Zeit über zwei Vergleiche an: Einerseits Zypern heute im Verhältnis zu vor 12 Jahren; Andererseits Zypriotische Türken im Verhältnis zu denen in der Türkei und in Deutschland.

Zu 1) Zypern heute und vor 12 Jahren:

Ich war vor 12 Jahren schon einmal auf der Insel (im Mai 2005 mit G…). Damals war es aus südzypriotisscher Sicht noch verboten länger als einen Tag in den Norden zu fahren. Man mußte um Mitternacht wieder zurück sein. Und es gab auch nur zwei Grenzübergänge. Wir sind damals über den halbillegalen dritten Grenzübergang in den Norden gefahren, der von der „SBA Dhekelia“ aus, was souveränes Britisches Gebiet ist (vergleichbar mit Gibraltar). Und den Britten war es egal, das wir in den Norden fuhren. Ist ja nicht ihr Konflikt. Und so konnten wir 5 oder 6 Tage im Norden bleiben.

Im Vergleich zu damals ist Nordzypern heute verdammt touristisch. Damals haben wir pro Tag etwa ein anderes Touristenpärchen getroffen. Es gab kaum touristische Infrastruktur, aber zwei oder drei Ferienhaussiedlungen im Bau. Heute reiht sich von Girne aus an der Küste entlang eine Ferienhaussiedlung an die nächste, etwa 25 km weit in beide Richtungen. Dazu Spielcasinos, Restaurants, Strandclubs, Läden. Das ganze Programm. Aber da es vorwiegend zweistöckige Appartementhäuser sind, ist es bei weitem nicht so schlimm wie auf anderen Mittelmeerinseln. Und dann ist auch Schluß in Richtung Dipkarpazhalbinsel (Griechisch Rizokarpaso) und auf dieser Halbinsel hat es noch haufenweise schöne Buchten mit keiner oder wenig Infrastruktur. Und die Brutstrände der Schildkröten scheinen sie auch anständig zu schützen.

Die meisten Touristen scheinen noch in ihren Ferienressorts in Südzypern zu sitzen und höchstens einen vom Hotel organisierten Tagesausflug in den Inselnorden zu machen. Im Reisebus, als Großgruppe und mit deutschsprachigem Touristguide. – Aus Sicht von Natur und Kultur des Inselnordens: GUT SO!

Aber wie lange Nordzypern wohl noch so viele idyllische Ecken hat? Die vielen Neubauprojekte und die zunehmende Normalisierung der Situation lassen das Schlimmste befürchten.

Zu 2) Zyperntürken und andere Türken:

Was sofort auffällt, ist der Straßenverkehr: Geschwindigkeitsbeschränkungen werden in Nordzypern strikt eingehalten, während sie in der Türkei komplett ignoriert werden. Wobei ich dazusagen muß, dass ich noch nie so viele Geschwindigkeitsblitzer gesehen habe. Alle 5 km kommt einer. (Bina meint noch häufiger.) Auch wird nicht schon im Augenblick des Umspringens einer Ampel auf Grün gehupt (oder sogar schon kurz davor). Kreisverkehre funktionieren als Kreisverkehre (wer drin ist hat Vorfahrt und sie wird im auch gegeben). Man lässt andere Autos vor oder rein. – Die Briten haben hier offensichtlich mehr hinterlassen als nur den Linksverkehr.

Was erst mit der Zeit auffällt, ist dass die Zyperntürken im Durchschnitt liberaler und weltoffener als die Türken in der Küstenregion um Mersin zu seine scheinen, welche mir ja schon als durchschnittlich liberaler und weltoffener als die Deutschtürken erschienen. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass die Zyperntürken sowohl unter osmanischer, als auch unter britischer Herrschaft (also von 1571 bis 1960) Obersschicht waren, und sie auf Zypern auch immer mehr mit anderen Kulturen in Kontakt gekommen sind. (OK, mit Ausnahme der Zeit des Totalembargos zwischen 1974 und 2003.) – Achtung: Diese Aussagen über Liberalität und Weltoffenheit sind erstens nicht objektiv, sondern geben meinen persönlichen Eindruck wieder, und sind zweitens nur Aussagen über den Durchschnitt; ich zähle in Deutschland mindestens zwei sehr liberale und weltoffene Türkinnen zu meinen Freunden.

(PS: Unsere Beobachtungen der folgenden Tage bestätigen das hier geschriebene.)

Dramatischer Himmel an unserem Schlafplatz.